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Andere Staaten sollen beraten werden

Fürst Hans-Adam II. hat eine Stiftung für «State Governance» gegründet, als deren Direktor Daniel Levin fungiert. Mithilfe dieser Stiftung sollen andere Staaten, insbesondere Entwicklungsländer, in guter Staatsführung beraten werden.

Von Günther Fritz

Eine neue Vision von Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein heisst: «State Governance», das bedeutet sinngemäss «gute Staatsführung». Wie das «Liechtensteiner Vaterland» am 15. Dezember mit Berufung auf entsprechende Aussagen des Landesfürsten im Wirtschaftsmagazin ECO des Schweizer Fernsehens SF 1 berichtete, wurde Anwalt Daniel Levin, ein schweizerisch-amerikanischer Doppelbürger und Spezialist auf diesem Gebiet, zum Direktor der Liechtenstein Foundation for State Governance bestellt. Die Ziele dieser neuen Stiftung bildeten auch ein Thema im traditionellen Neujahrsinterview von Radio Liechtenstein mit Fürst Hans-Adam II.

Gute und effiziente Staatsführung

Im Gespräch mit dem Chefredaktor von Radio Liechtenstein, Martin Frommelt, erklärte der Landesfürst, dass die Gründung dieser Stiftung in einem direkten Zusammenhang mit seinem Buch «Der Staat im dritten Jahrtausend» stehe. Im Buch versuche er zu erklären, wie eine ideale Verfassung ausschauen soll. Weiter käme auf einen Rechtsstaat eine ganze Reihe von anderen Fragen zu, womit man auf der Gesetzesebene angelangt sei. «Und da haben wir uns mit Herrn Levin zusammengetan, der auf diesem Gebiet sehr viel Erfahrung hat», sagte der Fürst im Radio-Interview. Daniel Levin habe insbesondere Entwicklungsländer darin beraten, wie sie ihre Gesetzgebung – nicht zuletzt im Bereich der Finanzdienstleistungen – gestalten sollen. Weiters gehe es natürlich auch um die Hilfe bei der Schaffung des entsprechenden wirtschaftspolitischen Rahmens.

Einen positiven Beitrag leisten

Bisher habe es so funktioniert, dass die an einer Beratung interessierten Staaten eine Lizenz genommen hätten. In der Folge habe man ihnen alles aufbereitet und sie auch genau vorbereitet, wie so etwas zu implementieren ist. So seien die dazu notwendigen Personen geschult und die Computerprogamme entsprechend angepasst worden. Gerade was die Entwicklungsländer betrifft, so hätten Daniel Levin und sein Team entsprechende Ressourcen aufbauen und gute Erfahrungen sammeln können. Auch aufseiten der Liechtenstein Stiftung for State Governance sieht Fürst Hans-Adam II. eine interessante Möglichkeit, gerade Entwicklungsländer in guter Staatsführung zu beraten. «Hier könnten wir sicher einen positiven Beitrag leisten», sagte der Fürst gegenüber Radio Liechtenstein. Die ersten Reaktionen von interessierten Ländern seien jedenfalls positiv. Dazu der Fürst weiter: «Wir nehmen an, dass wir im Jahr 2010 eine ganze Reihe von solchen Programmen durchziehen werden.»

Schwierige Zeiten stehen bevor

Was die nahe Zukunft Liechtensteins betrifft, so geht Fürst Hans-Adam II. davon aus, dass schwierige Zeiten bevorstehen. Für den Finanzdienstleistungssektor dürfte es noch zwei bis drei Jahre nicht ganz einfach werden, weil es nicht nur um die Konjunkturfrage gehe, sondern weil hier strukturelle Probleme gelöst werden müssten. Der Landesfürst ist aber zuversichtlich, dass die liechtensteinischen Unternehmen den schwierigen Weg erfolgreich beschreiten werden. Es gebe eine Reihe von Unternehmen – seien es Banken oder seien es Treuhandfirmen und Anwaltskanzleien -, die sich recht früh auf die neue Situation eingestellt habe. So hätten bestimmte Unternehmen im Ausland expandiert, sich auf weisses Geld konzentriert und Modelle ausgearbeitet, wie man aus Schwarzgeld Weissgeld macht. Dazu habe ja die Regierung mit Grossbritannien ein entsprechendes Steuerabkommen abgeschlossen.

Umstrukturierung notwendig

Auf die Frage, weshalb das Fürstenhaus die LGT Treuhand abgestossen hat, sagte Fürst Hans-Adam II. im Radio-Interview: «Wir haben uns schon seit Längerem auf das konzentriert, was unsere Kernkompetenz ist und dort international expandiert. Damit haben wir schon anfangs der 80er-Jahre begonnen. Die Treuhand hat aus zwei Gründen nicht mehr zu uns gepasst: Der eine Grund war, dass wir mit der LGT Treuhand in Konkurrenz zu unseren Kunden in Liechtenstein, das heisst Treuhandbüros, Anwaltskanzleien usw., standen. Zweitens haben wir angesichts der Konzentration auf die Vermögensverwaltung und das Bankgeschäft gefunden, dass so eine Treuhandgesellschaft bei uns eigentlich fehl am Platz ist.» Der Verkauf sei schon länger geplant gewesen und wäre auch ohne die Krise realisiert worden, erklärte das Staatsoberhaupt.

Im Finanzsektor wird nach Ansicht des Landesfürsten eine Umstrukturierung notwendig sein. Er geht davon aus, dass es im Jahr 2010 mehr Löschungen als Neugründungen von Stiftungen und anderen Rechtsformen geben wird. Für die LGT selbst sei das vergangene Jahr jedoch «gar kein so schlechtes Jahr gewesen», verriet Fürst Hans-Adam II. im Neujahrsinterview. Dazu der Fürst: «Wir haben eine gewisse Abwanderung von Kundengeldern hier in Liechtenstein verzeichnen müssen. Das haben wir aber mit Zuflüssen im Ausland ausgleichen können. Von der Gewinnsituation her gesehen stehen wir recht gut da.»

Abgeltungssteuer: Fragliche Lösung

Um langfristig einem automatischen Informationsaustausch ausweichen zu können, bringt die Schweiz immer wieder das Modell einer Abgeltungssteuer in die Diskussion. «Wenn man sich das Umfeld anschaut, ist es eher zu bezweifeln, ob die Abgeltungssteuer wirklich eine dauerhafte Lösung für die Schweiz sein kann», erklärte der Fürst. Dieser Vorschlag sei jedenfalls bisher international gesehen auf erhebliche Widerstände gestossen.

Letztes Wort noch nicht gesprochen

Die Durchsetzung eines automatischen Informationsaustausches könnte sich Fürst Hans-Adam II. höchstens für Europa, aber keinesfalls weltweit, vorstellen. Liechtenstein habe mit Grossbritannien ein Steuerabkommen geschlossen, das keinen automatischen Informationsaustausch vorsieht. Auch die OECD-Normen und das mit den USA abgeschlossene Steuerabkommen sähen diesen nicht vor. «Ich glaube, da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, auch nicht in Europa», betonte der Landesfürst im Neujahrsinterview. Schliesslich gebe es auch in Europa erhebliche Widerstände von Ländern, die kein Interesse am automatischen Informationsaustausch in Steuerfragen hätten. Man müsse sich zudem im Klaren sein, dass bei einem in Europa durchgesetzten automatischen Informationsaustausch mit Druck von Staaten ausserhalb Europas zu rechnen wäre, welche dann auch automatisch über Bankkonten informiert werden wollten. Dazu der Landesfürst: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass z. B. selbst ein Land wie Deutschland, das in Sachen automatischer Informationsaustausch an vorderster Front kämpft, jetzt plötzlich die ganzen Bankdaten an irgendwelche Drittweltländer liefert, wo es politisch Verfolgte gibt und wo der Rechtsstaat nicht funktioniert. Das würde doch selbst in Deutschland einen Aufschrei geben.»

Regierung wird einiges bewegen

«Ich würde sagen, dass sich die Koalitionsregierung, soweit ich das beurteilen kann, recht gut eingearbeitet hat», erklärte das liechtensteinische Staatsoberhaupt im Radio-Interview weiter. Die jetzige Regierung packe die Prob-leme an und arbeite auch entsprechende Lösungen aus. «Ich bin recht zuversichtlich, dass die Regierung in dieser Legislaturperiode einiges bewegen wird», so der Landesfürst.

Über das Nein des liechtensteinischen Stimmvolkes zur Bildungsreform SPES I zeigt sich Fürst Hans-Adam II. «nicht ganz unglücklich»: «Ich fand das keine sehr glückliche Reform.» Die recht komplexe Bildungsreform auf der Sekundarstufe I sei aufseiten der Bevölkerung zum Teil auch nicht verstanden worden. Dazu der Fürst weiter: «Ich sehe das Volks-Nein eher als Chance, dass man jetzt etwas Besseres macht.»

EWR in vereinfachter Form

Auf die Frage, ob Liechtenstein nach dem EU-Beitrittsgesuch Islands seinen europäischen Kompass neu ausrichten müsse, sagte Fürst Hans-Adam II. gegenüber Radio Liechtenstein, dass man zuerst einmal die entsprechenden Verhandlungen abwarten müsse. Dann stelle sich noch die Frage, wie das isländische Volk darüber abstimmen wird. Selbst wenn Island und auch Norwegen in Richtung EU-Mitgliedschaft marschieren sollten, schlägt Fürst Hans-Adam II. vor, das EWR-Abkommen in einer etwas vereinfachten Form in ein bilaterales Abkommen zwischen Liechtenstein und der EU umzuwandeln. Ausserdem könnte der EWR nach Ansicht des Landesfürsten für die EU «ein interessantes Instrument bilden, um es auch auf andere Staaten ausserhalb Europas anzuwenden, denen man jetzt nicht unbedingt die Mitgliedschaft anbieten, die man aber in irgendeiner Weise wirtschaftlich integrieren möchte».

 

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