«Wir schaffen uns damit ein Stück Freiheit»
Bereits wenn man das Haus betritt, weiss man, hier ist alles anders. Es gibt nicht den typischen Eingangsbereich, sondern man steht gleich mitten in einem Zimmer mit Sofa und Regalen. Durch die offene Raumgestaltung sieht man den Gang entlang bis in die Küche. Und auf rechter Hand eröffnet sich ein atemberaubender Blick in einen grossen Raum, der einen fast magisch hineinzieht. «Spüren Sie die Ruhe?», fragt der Hausherr und Architekt Florin Frick. Er schliesst von innen die Schiebetüren, um das Erlebnis noch intensiver zu machen – und tatsächlich ist das Raumgefühl beeindruckend. Die hohen Holz-wände und die Fenster im oberen Bereich, die den Himmel in das Zimmer holen, erschaffen eine Atmosphäre der Ruhe und Gelassenheit. «Das ist der Ort, in dem meine Frau und ich für uns arbeiten», sagt Florin Frick. «Und wenn wir den Raum nicht benötigen, kann sich unsere Tochter darin austoben.» «Das Schöne daran ist, dass wir hier nicht immer alles gleich weg- und aufräumen müssen», ergänzt seine Frau Sandra Rossi. «Diesem Zwang unterwerfen wir uns nicht. Nichts ist fixiert, alles ist offen. Heute ist der Raum ein Atelier, morgen ein Spielzimmer und übermorgen ein Tanz- oder Kinosaal. Wir lassen die Energien fliessen und die Dinge entstehen. Das Haus arbeitet gemeinsam mit uns und wir entwickeln uns mit ihm. Das ist gelebter Freiraum.»
Ein Ort der Inspiration
Ganz wichtig für die besondere Atmosphäre des Raums ist das Nordlicht – das für die künstlerischen Arbeiten wie Zeichnen, Malen und Bildhauen notwendig sei. Die Fensterfront auf der Südseite diene allein zur Heizenergiegewinnung. «Eine andere Heizung benötigen wir nur im Hochwinter», erklärt Florin Frick. «Die Sonnenwärme wird durch das Holz optimal gespeichert und bei Bedarf wieder an den Raum abgegeben. Es handelt sich hier um ein «solares Direktgewinnhaus», das ungefähr ein Drittel des Heizbedarfs eines üblichen Minergiehauses benötigt.» Unter neun Grad fiel das Quecksilber auch ohne Zusatzheizung an den kältesten Wintertagen im letzten Februar nicht. Wenn die Sonneneinstrahlung nicht ausreicht, kann mit einem Stückholzofen zugeheizt werden. Dank der Schiebeelemente kann das Gebäude zudem in verschiedene Temperaturbereiche aufgeteilt werden, sodass es nur dort so richtig warm ist, wo man sich aufhält, während die ungenutzten Räume etwas kälter sind. Auch für die Kühlung des Gebäudes an heissen Sommertagen ist gesorgt. Ein ausgeklügeltes Lüftungssystem mit diversen Türen und Fenstern lässt nachts die frische Luft durch das Haus ziehen und die Temperatur auf einen angenehmen Bereich sinken.
Das Gebäude ist speziell – ohne Frage. Böden und Wände sind nicht verkleidet. Die Holzdielen tragen Spuren von Fuss-abdrücken und Farbspritzern. «Das stört uns nicht», sagt Florin Frick. «Im Gegenteil. Das hier ist ein reiner Zweckbau. Hier wird gelebt und gearbeitet, das darf man sehen. Es geht um Wohlfühlen, Entspannung und Lebensqualität.» Auch wenn es rein von der Infrastruktur alles Notwendige aufweist, wohnt Familie Frick-Rossi nicht ganzjährig in diesem Gebäude. «Es ist unser Freizeit- und Ferienhaus», erklärt Sandra Rossi. Ein Feriendomizil so nah am eigenen Haus mag für viele befremdlich klingen. Für Familie Frick-Rossi ist es das Logischste überhaupt. «Wieso sollten wir ein Haus in Italien haben, das sowieso ständig leer steht», sagt Florin Frick. «Hierher können wir immer kommen, wann wir wollen.» Ausserdem seien ihnen vertraute Wände viel lieber als ein anonymes Hotelzimmer auf den Malediven. «Was heisst denn schon, in die Ferien fahren?», fügt Sandra Rossi an. «Es gilt, sich die Freiräume im Alltag zu schaffen.»
«Das Konzept des Gebäudes folgt keinem gewohnten Schema für ein Wohnhaus. Ausgangspunkt waren unsere Überlegungen, was wir alles tun wollen, das wir in unserem eigentlichen Wohnhaus nicht tun können. Die nächste Frage war, was für Räume hierzu erforderlich sind. Im Laufe des Entwurfprozesses wurden es zunehmend weniger Räume, die wir wirklich brauchen, die aber auch für verschiedene Zwecke nutzbar sind. Dies war uns sehr wichtig, um künftige Entwicklungen und Veränderungen zulassen zu können. «Monofunktional» verblieben so nur die Toilette und das Badezimmer. Das Konzept wurde schliesslich ganz einfach.»
Genau so einfach und unkonventionell gestaltet sich der Garten. Ein peinlich genau gepflegter Golfrasen ist hier nicht zu finden, sondern dem Betrachter bietet sich eine natürliche Blumenwiese mit Dreckhügeln und einem Weiher. «Es ist uns wichtig, nur natürliche Wildgehölze aus der Region anzupflanzen», sagt Sandra Rossi. «Unsere Tochter soll eine echte Beziehung zur Natur aufbauen und nicht in einer künstlichen Welt leben.» Es fühlt sich ein bisschen so an, als ob man in einem verwunschenen Garten steht – und das mitten in Schaan. Eine Oase im wahrsten Sinne des Wortes, welche sich Familie Frick-Rossi hier aufgebaut hat. (ne)
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