Küche küsst Couch ? der offene Wohnraum
Bauherren, die sich für einen offenen Wohnraum entscheiden – also einem Grundriss ohne teilenden Flur – verfolgen in der Regel das vorrangige Ziel, einen grossen, zentralen Kommunikationsraum zu schaffen, in dem sich Verkehrs- und Nutzungsflächen überlagern und in dem alle Familienmitglieder integriert werden. Die Person, welche kocht, soll sich genauso am Gespräch beteiligen können, wie jene, die am Tisch eine Zeitung durchblättert oder jene, welche gerade auf der Couch entspannt. In diesem einen überschaubaren Raum soll das gesamte Familienleben stattfinden. Privatheit und Rückzücksmöglichkeiten sind in dem offenen Wohnkonzept nicht vorgesehen – zumindest nicht im Hauptraum. Dem Bedürfnis des Alleinsein-Wollens wird in den Schlafräumen entsprochen, die meist in der oberen Etage zu finden sind. Der Architekt bedient sich folglich einer Mischvariante: Im Erdgeschoss ein offener Grundriss, im oberen Geschoss der Flurtyp. In Kombination mit einer luftigen Galerie kann dem Raumkonzept zusätzlich eine exklusive Note verliehen werden. Die hohen Räume mit viel Glas und Sonnenlicht schaffen ein besonderes Gefühl von Transparanz und Offenheit.
Um den Raum schön luftig wirken zu lassen, sollte der offene Grundriss aber auf jeden Fall grosszügig geplant werden. Erfahrungsgemäss werden mindestens 30 Quadratmeter benötigt, um die drei Bereiche Küche, Essen und Wohnen zusammen-
zulegen, ohne ein «Überladungsgefühl» entstehen zu lassen.
Harmonische Raumgestaltung
Offene Räume stellen ganz neue Anforderungen an die Innenarchitektur und die Möblierung. So können zum Beispiel die Küche oder das Wohnzimmer nicht mehr als separate Bereiche betrachtet werden. Bei einem gut durchdachten Raumkonzept werden das Möbeldesign, die Wand und der Boden harmonisch aufeinander abgestimmt. Ziel ist eine Symbiose aus Architektur, Materialien und Möblierung. Damit Küche und Raumkonzept eine Bindung eingehen können, sollten sich im Idealfall Architekt, Küchenplaner und Bauherr bereits bei der Wohnungsplanung zusammensetzen und die Gestaltungsmöglichkeiten diskutieren.
Eine Frage des Geschmacks ist die Wahl des Bodens. Neben Platten und Holz gibt es mittlerweile zahlreiche andere Varianten wie Lehm-, Linoleum- oder Naturafloorböden. Speziell Parkettboden führt immer wieder zur Diskussion, ob man diesen im ganzen Raum durchziehen oder im Küchenbereich auf pflegeleichte Platten wechseln soll. Unbestritten ist ein einheitlicher Boden optisch schöner und lässt den Raum grösser erscheinen. Allerdings lassen sich bekanntlich Rotweinflecken und andere kochtechnische Malheure oft nicht rückstandsfrei aus Holz entfernen. In diesem Fall müssen ästhetische und funktionale Überlegungen gegeneinander abgewogen werden.
Küche als Zentrum des Hauses
Speziell die funktionale Planung und Möblierung der Küche gewinnt immer mehr an Bedeutung. Neben ihrer grosszügigen Gestaltung muss sie vor allem auch ästhetischen Ansprüchen genügen. Schliesslich ist sie im ständigen Blickfeld der Hausbewohner. Gleichzeitig steigt das Interesse an ihr als Lebensraum – als Ort für alltägliche Beschäftigungen, für Freizeitaktivitäten und gesellschaftliche Interaktion.
Besonders eignen sich bei der Gestaltung der Küche Naturstein, Feinsteinzeug und Mosaik, da diese Materialien neben ihrer zeitlosen Eleganz einen äusserst pflegeleichten Umgang aufweisen. Im Trend liegen momentan auch Hochglanz- oder Lackküchen. Ob eine Küche durch eine knallige Farbe noch mehr als Gestaltungselement hervorgehoben werden soll, muss jeder Bauherr für sich selbst entscheiden. Was jedoch auf jeden Fall in die Überlegung mit einbezogen werden sollte, ist der Fakt, dass man sich an einer Farbe auch sattsehen kann. Neutrale Küchen in Schwarz, Weiss, Grau oder Anthrazit bieten mehr Kombinationsmöglichkeiten und erlauben auch nach Jahren, dem Wohnraum z. B. durch den Wechsel von Sofafarbe und Accessoires einen völlig neuen Look zu geben.
Zu bedenken
Nicht für jedermann ist ein offener Wohnraum das richtige Wohnkonzept. Zum Beispiel werden sich Menschen, die die Privatheit schätzen, kaum dafür begeistern können. Ebenso sollten sich grössere Familien vor der Planung die Frage stellen, ob sich dieses Modell für sie eignet. Denn wenn die kleinen Kinder Lego spielen, die Jugendlichen Fernseh schauen und die Eltern mit Gästen diskutieren wollen, sind Probleme vorprogrammiert. Eine variable Schiebetür zwischen Koch- und Wohnbereich kann in diesem Fall eine Lösung sein. Speziell in Kombination mit einer Galerie stellt sich auch die Frage, ob man so einen offenen Raum gemütlich findet. Nicht jeder mag es luftig gestaltet, mit fliessend ineinander übergehenden Bereichen. Manche Menschen empfinden hohe Räume – vom Erdgeschoss bis unter den First – als ungemütlich und kalt, fühlen sich in geschlossenen Räumen geborgener. Zudem sollte der Aspekt der Nachhaltigkeit nicht ausser Acht gelassen werden. Grosse, offene Räume benötigen grundsätzlich mehr Heizenergie als kleine, geschlossene Räume.
Wer es jedoch stylisch und modern mag, für den wird kaum eine andere Raumplanung mehr infrage kommen. Denn ein offener Grundriss schafft ein exklusives Wohngefühl, das für Geselligkeit und Gesprächsstoff sorgt. (ne)
Lesen Sie mehr zum Thema Offener Wohnraum in der Printausgabe des «bauen+wohnen»-Magazins.
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