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Temperamentvolle Frau an der Front

Die 27-jährige Marilena Roperti widerlegt so manches Klischee: Sie ist nicht nur die erste Dirigentin einer Liechtensteiner Guggamusik, die Schaanerin führt auch die Vaduzer Törmleguger musikalisch an. Ein nicht alltägliches Beispiel für eine gelungene Integration mit grossem Herz.

Wenn man als Schaanerin in einem traditionellen Vaduzer Verein in eine leitende Funktion gewählt wird, ist das bemerkenswert. Ist man dabei noch eine Frau, ist das erstaunlich. Das passierte Marilena Roperti im vergangenen Mai. Sie ist sichtlich stolz, dass sie als Frau an der Generalversammlung der Törmleguger einstimmig zur Dirigentin gewählt wurde. «Das bedeutet mir sehr viel, weil ich weiss, dass der Verein hinter mir steht», erklärt die fröhliche Fasnächtlerin. Wenn die Vaduzer Gugger am kommenden Wochenende ihr 40-Jahre-Jubiläum feiern, wird Roperti die Fasnachts-Musikanten anführen und sie bei ihren Auftritten anfeuern, ihr Bestes zu geben ? als erste Dirigentin einer Liechtensteiner Guggamusik überhaupt.

Ein Engagement, das sich lohnt

Vor sechs Jahren trat sie dem Verein bei. Dass sie als Schaanerin in Vaduz landete, hat sie ihrem Bruder Natale zu verdanken. «Er war schon Mitglied bei den Törmlegugern. Dadurch kannte ich dort bereits einige Mitglieder und fühlte mich von Beginn an wohl», blickt die 27-Jährige zurück. «Auch wenn ich musikalisch kein grosses Talent war», erklärt sie. Während der Primarschulzeit erkor sie die Gitarre zu ihrem Instrument, ehe ihr Musiklehrer und sie nach einem halben Jahr zum Schluss kamen, dass die Musik nicht ihre Spezialität ist.
«Bei der Gugga drückte man mir dann eine Trompete in die Hand und ich hatte zunächst keine Chance. Ich wollte es aber unbedingt lernen.» So spannte sie gleich ihren Bruder ein, der ihr dann dabei half, die Griffe zu lernen. «Ich gab keine Ruhe, bis ich es konnte. Da kann ich richtig stur sein», gesteht die Schaanerin mit italienischen Wurzeln. Ein Engagement, das sich lohnt, wenn sie heute als Frontfrau auf der Bühne steht: «Ich war zwei Jahre lang Vizedirigentin und habe mich gut eingeführt. Es bereitet mir viel Freude, mit dem Verein unterwegs zu sein.»

Törmleguger in Frauenhand

Was unterscheidet nun eine Frau in dieser Position von einem Mann? «Wenn ein männlicher Dirigent sagt, es läuft so, dann ist das in Stein gemeisselt. Ich habe gemerkt, dass wir Frauen, wenn wir offen miteinander umgehen, bei gewissen Themen eher diskussionsbereit sind.» Dass die Törmleguger mit Tanja Schregenberger ebenfalls eine Präsidentin haben, bereichere den Verein. «Keine Angst, wir haben im Vorstand auch viele Männer», schmunzelt Roperti, die als Dirigentin nicht dem Vorstand angehört.
Nach 39 Jahren «Männerherrschaft» haben sich die Mitglieder schnell daran gewöhnt, dass nun ein weiblicher Führungsstil Einzug hält. «Manchmal kommen schon einzelne harmlose Frauen-Witzchen, weil wir Probleme ab und zu anders lösen, als es Männer getan hätten. Doch ich spüre weder Neid noch Missgunst.» In den entscheidenden Punkten sei sich der Verein einig, und das sei wichtiger als das Geschlecht.

Ein Lob an die FL-Gugger

Als Dirigentin ist sie für das Einspielen der Musikstücke verantwortlich, die von der Musikkommission ins Repertoire aufgenommen werden. Dabei sind auch ihre Ideen bei der Liedauswahl gefragt. Auf ihr Konto gehen zum Beispiel die Lieder «I?m so excited», «Partyshaker» und «Hollywood Hills». Das Tolle an den Liechtensteiner Guggamusiken seien die verschiedenen Spezialisierungen. «Während die Balzner eher einen punkigen Ansatz haben, spielen die Röfischrenzer zum Beispiel vorwiegend Schlager. Wir sind da eher die Allrounder», schwärmt sie vom hohen Niveau der Gugger im Land. Wenn Liechtensteiner im Ausland auftreten, werde schon besonders hingeschaut. Die Qualität sei bei allen sehr gut. «Und wenn man über die Darbietungen jammert, dann auf hohem Niveau», meint die 27-jährige Guggerin. Die Vereine würden hier eine tolle Arbeit leisten. 

Die gelungene Integration

Marilena Roperti war schon immer ein Vereinsmensch. Früher war sie im Leichtathletik-Club und leitete die Jugendgruppe «Ragazzi nel mondo» des «Aha ? Jugend und Kultur», das sich später zum Verein entwickelte. «Ich habe sehr viel durch Vereine gelernt, dafür bin ich sehr dankbar.» Ihre Eltern waren damals aus Italien gekommen, ihr Bruder und sie sind in Liechtenstein geboren und haben sich bestens integriert, ohne dabei ihre Wurzeln zu vergessen. «Das hat sicher viel mit der Haltung unserer Eltern zu tun. Sie waren und sind offen für die Einflüsse und Gepflogenheiten hier. Sie haben sich gut angepasst und uns das weitergegeben.»
Als Italienerin habe sie ihr Temperament bewahrt. Sie könne sehr impulsiv sein, was nicht überall gut ankomme. Doch ihre Offenheit und Ehrlichkeit wird von ihren Freunden und Kollegen geschätzt. Sie ist auch für ihre Freunde da, wenn es ernstere Gespräche zu führen gibt. Dabei ist sie herzlich und nimmt Anteil am Schicksal anderer. «Ich scheue mich aber auch nicht, zu sagen, wenn mir am Verhalten meiner Freunde etwas nicht passt.»

Temperament im Griff

Sie musste erst lernen, mit ihrem Temperament umzugehen. «Mit der Zeit lernt man, sein Temperament in den Griff zu bekommen und es dort zurückzuhalten, wo es zum eigenen Nachteil werden kann. Vor allem in Vereinen wird man schnell zurückgepfiffen, wenn man zu weit geht», erklärt sie. Früher habe sie recht unbeherrscht reagiert, wenn ihr etwas nicht passte. Anstand und Respekt seien ihr die grössten Helfer gewesen, um dieses Verhalten abzulegen. Denn wenn man ? trotz grosser Emotionen ? anständig und respektvoll bleibe, könne man seine Botschaft beim Gegenüber viel besser anbringen. «Ich denke, ich habe jetzt eine gute Mischung gefunden», lächelt die fröhliche Dirigentin.

Freude am Austausch

Sie liebt den Kontakt mit Menschen. Als Kundenberaterin bei der FKB repräsentiert sie ihre Firma auch bei der IG Schaan, welche die Interessen des Schaaner Gewerbes vertritt. «Ich liebe den Austausch mit den anderen und die Tatsache, etwas bewegen zu können.» Deshalb sei sie von ihrem Chef in die IG entsandt worden und «rutschte» auch gleich in die Kommission zur Planung des Schaaner Advents. Mittlerweile ist sie Vorstandsmitglied und freut sich, mit dem Verein das Dorfleben zu bereichern.
Ihre beruflichen Wurzeln liegen jedoch nicht im kaufmännischen Bereich. Ihre Lehre absolvierte sie in der Landesbibliothek als Informations- und Dokumentationsassistentin. Nach ihrer Lehre hängte sie eine Ausbildung zur Kaufmännischen Sachbearbeiterin an. Ein Jahr nach ihrer Lehre wurde sie für ein weiteres Jahr bei der Landesbibliothek beschäftigt, danach führte ihr Weg zum Landesarchiv, bis sie bei der FKB als Kundenberaterin aktiv wurde. Dazu absolvierte sie die Ausbildung zur Marketing-Assistentin.

Vorfreude auf das grosse Wochenende

Da sie nun bezüglich Ausbildung und Beruf alles geregelt hat, steht an diesem Wochenende der Auszug aus dem Elternhaus an. Auch hier erfüllt sie nicht das Klischee: «Italienerinnen ziehen zu Hause normalerweise erst aus, wenn sie verheiratet sind», wie sie lacht. Dass sie so lange bei ihren Eltern gewohnt hat, hatte aber eher praktische Gründe. «Mir war wichtig, zuerst alles rundherum zu organisieren und Zeit und Geld für meine Ausbildungen zu haben. Jetzt bin ich bereit für einen neuen Lebensabschnitt.»
Doch in der neuen Wohnung wird sie vorerst recht wenig zugegen sein, denn bereits am kommenden Wochenende findet der Grossanlass der Törmleguger statt. Nicht nur die traditionelle Törmleparty wird wieder viele Fasnächtler nach Vaduz locken, sondern auch der Umzug und der 40-Jahre-Jubiläumsanlass im Vaduzer Städtle werden ein Höhepunkt der Fasnacht 2014 in Liechtenstein sein. Ein Wermutstropfen bleibt aber, denn ausgerechnet dann werden die Schaaner Guggen im Ausland weilen und können beim Jubiläum nicht mitfeiern. Eines ist aber gewiss: Mit Marilena Roperti wird ein starkes Aushängeschild Schaans die Gemeinde vertreten ? wenn auch im «Vadozer Hodla».

Steckbrief
Name: Marilena Roperti
Wohnort: Schaan
Alter: 27
Beruf: Kundenberaterin bei der FKB
Hobbys: Guggamusik, IG Schaan, Lesen, Ausgang mit Freunden
Leibspeise: Pizza und Käsknöpfle
Getränk: «Hahnaburger»
Musik: Alles ausser Heavy Metal
Lektüre: Krimis, Drama, Komödien
Stadt/Land? Land
Sommer/Winter? Sommer
Ort: «Daham»
Stärke: «Meine Offenheit»
Schwäche: «Meine Offenheit, gepaart mit meinem Temperament»

 

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