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Nachhaltigkeit ist notwendig

Dieter Genske referiert in der kommenden Woche am Liechtenstein Kongress zu Nachhaltigkeitsthemen. Der Wahl-Berliner misst dem Liechtenstein Kongress eine grosse internationale Bedeutung bei und betont die Wichtigkeit der Nachhaltigkeit, wenn Staaten sparen müssen.

Herr Genske, Sie referieren am Samstag am Liechtenstein Kongress zum «Modell der regenerativen Region». Was ist das?

Dieter Genske: Der Energiehaushalt einer Region hängt ab von einer Vielzahl von Daten und Technologien. So gibt es die Energieparteien Wohnen, Arbeiten und Mobilität, die alle mit der passenden Form von Energie zu passender Zeit versorgt werden müssen. Unser internationales Team aus Forschern der Universität Liechtenstein, der Fachhochschule Nordhausen und der Energie-Klima-Plan Nordhausen (Deutschland) führt all diese Daten zusammen und entwickelt Zukunftsszenarien.

Leben wir in einer «regenerativen Region» bzw. was müssen wir tun, um eine solche zu werden?

Jede Region hat Potenziale der regenerativen Energieerzeugung. Darunter ist die Nutzung von Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Umgebungswärme zu verstehen. Liechtenstein ist eingebunden in die Bodensee-Alpenrhein-Energieregion, in der alle Energieparteien ihren Energiebedarf regenerativ decken könnten, wenn die Potenziale genutzt würden.

Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Ist der Begriff mittlerweile nicht schon abgenutzt?

Den Begriff «Nachhaltigkeit» gibt es schon seit Anfang des 18. Jahrhunderts und er wird sich auch in Zukunft nicht abnutzen, so wie auch der Begriff «Menschenrechte» immer aktuell sein wird. Vielmehr wird der Nachhaltigkeitsbegriff immer weiter belebt mit neuen Herausforderungen wie zum Beispiel dem Klimawandel. Er wird allerdings auch missbraucht: So kann man die Kernenergie nicht als nachhaltig bezeichnen, nur weil sie (scheinbar!) keine Emissionen verursacht.

Welche Bedeutung hat der Liechtenstein Kongress in Sachen Nachhaltigkeit in Europa?

Der Liechtenstein Kongress reiht sich ein in eine Serie wichtiger und notwendiger Kongresse zum Thema Nachhaltigkeit, Energiewende, Klimawandel. Von ihm werden Signale zum Umdenken ausgehen und hoffentlich rückwärtige Trends wie das in den USA stark boomende Fracking ? die Förderung von Öl und Gas durch künstliches Aufbrechen von Tiefengesteinen ? verhindern.

Stichwort Energiezukunft: Alle sprechen von Energiewende. Wie viel an den gängigen Strategien ist realistisch und wie viel ist Utopie?

Die Energiewende ist eine Gemeinschaftsaufgabe, an der alle mitarbeiten und von der auch alle profitieren werden. Die Technologien zur Bewältigung dieser Aufgabe stehen bereit, sind erprobt und zuverlässig. Dazu kommen Innovationssprünge wie zum Beispiel die Power-to-Gas-Technologie, mit der aus grünem Überschussstrom Heizgas oder Autogas gemacht werden kann.

Nun sind Staaten zum Sparen gezwungen. Ist Nachhaltigkeit in Zeiten des Sparens überhaupt möglich?

Gerade in Zeiten des Sparens ist Nachhaltigkeit nicht nur möglich, sondern sogar notwendig. Jeder Franken, den wir heute in die Erneuerbaren investieren, erspart uns den Einkauf der immer teurer werdenden fossil-nuklearen Energien wie Öl, Gas, Kohle, Kernkraft. Erneuerbare Energie aus Sonne, Wind und Wasser ist zunächst umsonst, wir müssen nur in die Maschinen und Anlagen investieren, um diese Ressourcen für uns nutzbar zu machen. Dabei sparen wir gleichzeitig Treibhausgase ein. Die Bodensee-Alpenrhein-Energieregion kann ? das haben wir nachgewiesen ? sogar mehr Kohlenstoff binden, als sie emittiert. Investitionen in Regenerative sind Zukunftsinvestitionen, die unseren Kinder und Kindeskinder zugute kommen. (mw)

Persönlich
Dieter D. Genske, Jahrgang 1956, wohnhaft in Berlin, unterrichtet an der Universität Liechtenstein und der Fachhochschule Nordhausen (Thüringen).  Nach seinen Studien der Geo- und Ingenieurwissenschaften, die er in Deutschland und den USA absolvierte, ging Dieter D. Genske im Rahmen eines Post-Doktorats der Alexander von Humboldt-Stiftung an die Universität von Kioto (Japan). 1990 wurde er Projektmanager im Bereich Wasser- und Bodenschutz bei der Deutschen Montan Technologie DMT Essen und leitete eine Reihe von Grossprojekten, u. a. im Rahmen der Internationalen Bauausstellung IBA Emscherpark und der Entwicklung des Berliner Spreebogens als neuem Regierungssitz. Dieter Genske unterrichtete an verschiedenen Hochschulen in Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz und wurde zu Forschungsaufenthalten nach Südafrika und Japan eingeladen. Zurzeit lehrt er an der Fachhochschule Nordhausen und der Universität Liechtenstein. Genske bearbeitet mit seinem Team Projekte zur Energiewende, u .a. für den Freistaat Thüringen, die Internationale Bauausstellung IBA Hamburg, den Kanton Basel-Stadt (2000-Watt-Gesellschaft), die Bodensee-Alpenrhein-Energieregion Baer und das Fürstentum Liechtenstein. 2012 wurde er mit seinem Team mit dem Europäischen Solarpreis ausgezeichnet.

 

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