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«Das Beste machen»

Die Bewährungshilfe Liechtenstein arbeitet seit knapp drei Monaten intensiv mit dem Stellenvermittler ländlejobs, Gamprin-Bendern, zusammen. Der Bewährungshilfe Liechtenstein kommt das Engagement entgegen ? und Menschen, die auf die schiefe Bahn geraten sind, erhalten so eine Chance, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern.

Herr Ferro, Sie setzen sich bei der Personalvermittlung auch für straffällig gewordene Menschen ein. Wie erstaunt sind Ihre Kunden?

Claudio Ferro: Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus. Die einen sind eher skeptisch und schauen auf die Geschichte des Mitarbeiters. Andere Arbeitgeber messen die Angestellten eher an den Taten. Bisher kann ich aber mit gutem Gewissen behaupten, dass unsere Kunden eher positiv überrascht wurden.

Herr Köck, was ist Ihr zentrales Motiv, so eng mit einem Personalbüro zusammenzuarbeiten?

Josef Köck: Von den 70 Probanden, die wir 2013 betreuten, sind 40 Prozent arbeitslos. 50 Prozent waren ohne ein Einkommen und 30 Prozent wurden wegen einem Eigentumsdelikt verurteilt. Hier besteht also durchaus Handlungsbedarf und wir wollen konkrete Hilfe bieten. Dass ein Personalvermittler auf uns zugekommen ist, ist für alle Beteiligten ein Gewinn. Es ist mir wichtig, zu sagen, dass wir allen Personalvermittlern offen gegenüberstehen, die mit uns zusammenarbeiten wollen. Ich hoffe, dass ländlejobs hier eine Vorreiterrolle einnimmt.

Wie kamen Sie auf die Idee dieser Kooperation?

Claudio Ferro: Begonnen hat alles, als uns im Zuge eines Auftrags vom Arbeitsmarktservice (AMS) ein Klient der Bewährungshilfe vermittelt wurde. Wir waren von dessen Einsatz begeistert und sahen gleich, dass dieser Mann in der Gesellschaft Fuss fassen möchte. Im Einklang mit unserer Philosophie der persönlichen Betreuung kamen wir dann auf die Idee, dass man hier doch gleich systematisch vorgehen und diesen Menschen eine zweite Chance geben kann. Es handelt sich hierbei ja nicht um Schwerverbrecher. Oft sind sie in falsche Kreise gerutscht oder handelten aus einer Not heraus. Ihnen die Chance auf dem Arbeitsmarkt wegen einer kleinkriminellen Vorgeschichte zu verwehren, obwohl sie ihr Leben in den Griff bekommen wollen, wäre aus unserer Sicht nicht fair. Deshalb berücksichtigen wir auch «Menschen mit Vergangenheit».

Josef Köck: Man muss wissen, dass straffällig gewordene Menschen auf dem Arbeitsmarkt schwerer vermittelbar sind. Neben ihrer gerichtlichen Verurteilung sind sie meist schlechter ausgebildet und stammen oft aus schwierigen Verhältnissen. Für sie eine Stelle zu finden, ist genauso wichtig wie sie trotz schlechter Chancen zu motivieren, auf Stellensuche zu gehen. Ziel für uns ist, ihre schwierige Ausgangsposition zu verbessern. Arbeislose Probanden hängen oft im öffentlichen Raum ab und werden schneller rückfällig. Gibt man ihnen jedoch Sinn und Zeitstrukturierung, Arbeit und Lohn, können diese Personen auf eigenen Beinen stehen und alle haben etwas davon.

Wie läuft dieser Prozess dann ab?

Claudio Ferro: Wir prüfen Josef Köcks Vorschläge gründlich und besprechen mit dem Klienten seine Stärken und Schwächen. Dann gehen wir auf die Suche. Selbst nach der erfolgten Vermittlung begleiten wir die Mitarbeiter. Das bedeutet, dass wir die Klienten zum Beispiel zu ihrem ersten Einsatzort persönlich begleiten und immer als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Auch mit Josef Köck bleiben wir immer in Kontakt und liefern jene Infos, die er braucht.

Josef Köck: Das ergänzt die Arbeit der Bewährungshilfe durchaus. Wir Sozialarbeiter sind in diesem Bereich eher «Schreibtischtäter», während die Personalvermittler den Arbeitsmarkt kennen und an der Front tätig sind. Selbstverständlich gehen wir auf die individuellen Bedürfnisse der Probanden ein ? doch mehr als Stellenanzeigen und Listen der Personalvermittler konnten wir bisher nicht anbieten. Durch die Kooperation mit ländlejobs wird den Klienten ein direkterer Zugang zu möglicher Arbeit geboten.

Was ist die grosse Herausforderung für die Personalvermittler?

Claudio Ferro: Es gilt hier natürlich, Hemmschwellen und Vorurteile abzubauen. Viele Arbeitgeber gehen von vornherein davon aus, dass sie Menschen, die einmal kriminell waren, nicht mehr einstellen. Es geht dann für uns darum, ihnen die Chancen aufzuzeigen. Zum einen bieten wir hier den Unternehmen günstige Konditionen, zum anderen tragen wir die Risiken, vor denen sich einzelne Arbeitgeber fürchten. Die bisher vermittelten Beispiele zeigen, dass die Sorgen aufseiten der Unternehmen oftmals unberechtigt waren ? in einem Fall erhielten wir sogar begeisterte Rückmeldung unseres Kunden. Er hätte nie erwartet, dass es so zuverlässig klappt. Darauf lässt sich sicher aufbauen und ich hoffe, dass wir viele Erfolge verzeichnen.

Josef Köck: Genau das ist unsere Hoffnung, dass diese Beispiele Schule machen. Während zum Beispiel ländlejobs besonders auf das Baugewerbe spezialisiert ist, sind andere vielleicht in anderen Sektoren, beispielsweise in der Industrie, verankert. So erhielten noch mehr Unternehmen die Chance, ihre «soziale Verantwortung» ganz konkret auch in Bezug auf straffällig gewordene Menschen wahrzunehmen. (mw)

Persönlich
Claudio Ferro ist Geschäftsführer der ländlejobs ag in Gamprin-Bendern. Das Unternehmen besteht seit August 2013.
Infos und Kontakt: Tel. +41 78 934 77 88 E-Mail: cf@laendlejobs.li

Josef Köck ist Geschäftsstellenleiter der Bewährungshilfe Liechtenstein. «Kriminalität verhindern und Straffällige integrieren» ? so das Motto. Die Tätigkeit der Geschäftsstelle ist darauf ausgerichtet, sozialen Nutzen zu stiften, indem Straffälligkeit mittels Sozialarbeit vermieden wird oder ihre Folgen für Betroffene gelindert werden. Die Angebote der Geschäftsstelle derBewährungshilfe Liechtenstein betreffen «umfassende Straffälligenhilfe» und Hilfe für Geschädigte von strafbaren Handlungen (Diversion).
Infos und Kontakt: www.bewaehrungshilfe.li, Tel. +423 231 13 70

 
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