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Casino, Grosshotel, Herzblut und Kohle

Gastronom Klaus Schatzmann kritisiert die Vorgehensweise in der Konzessionsvergabe für das Casino in Vaduz.

Herr Schatzmann, wie enttäuscht sind Sie, dass nun in Vaduz ein Casino gebaut wird?

Klaus Schatzmann: Ich bin absolut nicht enttäuscht über ein Casino in Vaduz. Im Gegenteil: Ich finde ein solches eine sinnvolle touristische Bereicherung. Mein Kritikpunkt und der einiger Kollegen betrifft nicht das Casino als solches, sondern die Kombination Grosshotel mit Casino. Erfahrungen in Bad Ragaz haben gezeigt, dass durch ein Casino bestenfalls ca. 1 Prozent neue Hotelgäste generiert werden. Eine signifikante Erhöhung der Bettenauslastung wird dadurch nicht zu erzielen sein. 

Was wäre Ihrer Ansicht nach die beste Lösung gewesen?

Eine Konzessionsvergabe an die Casino Admiral AG. Erstens weil die Casino Admiral AG ein grössenverträgliches Konzept mit einem wesentlich kleineren Hotel vorgesehen hat. Zweitens weil sich die Casino Admiral AG mit einem sehr grosszügigen jährlichen Beitrag an eine neu gegründete Verkaufs-Unit innerhalb der Organisation «Liechtenstein Marketing»  beteiligt, welche den Auftrag hat, den Verkauf von Tellern und Betten im Land voranzutreiben, unserer Meinung nach ein nachhaltiges und wirkungsvolleres Mittel, eine Verbesserung der Auslastung in Restaurants und Hotels zu erreichen als ein Grosshotel, für das überhaupt kein Bedarf besteht. Dies hat nichts mit Herrn Egger persönlich zu tun, es geht allein um das Projekt.

Was sind nun die Konsequenzen für die Hotel-Gastronomie in Liechtenstein, wenn das Casino gebaut wird? 

In diesem Zusammenhang möchte ich ein paar Punkte aufführen, über welche die Allgemeinheit offensichtlich unzureichend informiert ist. Eine Studie der HTW Chur über Hotel-neubauten im Kanton Graubünden hat ergeben, dass solche Bauprojekte nur dann lohnend sind, wenn eine Bettenauslastung von mindestens 70 Prozent generiert wird. In Liechtenstein haben wir eine Bettenauslastung von ca. 30 Prozent. Rentabilität ist nur dann möglich, wenn der Besitzer auch selbst der Hotelbetreiber ist und mit einem möglichst geringen Personalaufwand ein Maximum an Qualität anbieten kann. Deshalb nur für KMU möglich und nicht auf Grosshotels übertragbar. 

Sie kritisierten auch die staatliche Subvention des Casino-Vaduzerhof-Projekts. Warum?

Die Casino Bad Ragaz AG musste z. B. im Jahr 2010 42 Prozent des Bruttospielerlöses von 24,7 Mio. Franken an Staat und Gemeinde abgeben, was einen Betrag von 10,4 Mio. Franken ausmacht. Ein Casinobetreiber in Liechtenstein hat nur 12,5 Prozent an Abgaben zu bezahlen. Anhand dieser Zahlen ist ersichtlich, wie extrem lukrativ ein Casino in Liechtenstein sein wird. Bezüglich dieser Angaben besteht allerdings ein gewisses Informationsmanko. Selbst dann, wenn wir als Basis bei der Berechnung die Aussage von Martin Meyer bezüglich Verteilungsschlüssel berücksichtigen, sieht die Rechnung nicht wesentlich besser aus.

Also profitiert nur der Casino-Besitzer, während Staat und Casino-Besucher durch die Finger schauen?

Im Vergleich zu Bad Ragaz entgehen dem liechtensteinischen Fiskus beim selben Bruttospielerlös Einnahmen von mehreren Millionen Franken. Die Hoteliers gönnen jedem Unternehmer den grösstmöglichen finanziellen Erfolg. Angesichts dramatisch sinkender Staatseinnahmen und der Tatsache, dass auch durch einen dreifach höheren Zinssatz eine geradezu fantastische Wertschöpfung für einen Konzessions-Inhaber generiert wird, halten wir ein Glücksspielgesetz, welches solch negative Auswirkungen für die «Staatskasse» hat, als sehr bedenklich. Wir fragen uns, von welchen Überlegungen sich der Landtag und die Regierung bei der Erstellung eines Glücksspielgesetzes leiten liessen.

Im Leserbrief haben Sie Regierungsrat Martin Meyer als Lobbyisten bezeichnet. Inwiefern hat er lobbyiert?

Martin Meyer geniesst meine höchste Anerkennung, da die meisten seiner politischen Entscheidungen bisher aus meiner Optik richtig waren. Zudem rechne ich es ihm sehr hoch an, dass er die Befürwortung des Egger-Projektes durch das Amt für Volkswirtschaft nicht zur billigen Werbepropaganda genutzt hat. Jedoch ist zweifellos die Nähe zur Familie von DDr. Batliner (Vater von FBP-Parteipräsident Alexander Batliner und Schwiegervater von Wolfgang Egger; Anm.) und vor allem die Tatsache, dass er sämtliche kritischen Stimmen im Zusammenhang mit dem Egger-Projekt als puren Lobbyismus abgetan hat, für mich ein untrügerisches Zeichen dafür, dass er offensichtlich selbst einer Lobby zuzuordnen  ist. Ausserdem hat er sich in Gesprächen mit dem Präsidium von Gastronomie Liechtenstein von einer Seite präsentiert, welche diesen Schluss zulässt. Im Übrigen halte ich das Ganze nicht für verwerflich – nur finde ich, dass man in solch einem Fall selbst mit Lobbyismusvorwürfen etwas vorsichtiger umgehen sollte.

Die Konzession ist nun vergeben. Gibt es noch irgendwelche Mittel, die Sie nun ergreifen werden? 

Ich habe auf «Volksblatt Online» das Interview mit Marin Meyer gehört. Der Interviewer behauptete, dass Gastronomie Liechtenstein eine «fast kampagnenartige» Gegenoffensive führte. Ich finde diese Aussage unrichtig und lapidar. Von Kampagne konnte gar keine Rede sein. Die Hoteliers verfügen über keine Rekursmöglichkeiten. 

Kritiker könnten nun sagen, dass sich die Hotel-Gastronomie jetzt als schlechte Verliererin zeigt. Wie begegnen Sie diesem Vorwurf?

Ich möchte es mal so sagen: Herr Egger wollte ein Casino. Die Regierung wollte ein Grosshotel. Weder ein einheimischer Hotelier noch internationale Hotelketten waren bereit, dieses Risiko auf sich zu nehmen. Nun wurde ein Glücksspiel­gesetz verabschiedet, welches einem Hotelbetreiber ermöglicht, ein Grosshotel zu errichten ohne jegliches finanzielles Risiko, da die finanzielle Wertschöpfung  aus dem Casino-Betrieb für den Betreiber wahrscheinlich weltweit nirgends so gross ist wie in Liechtenstein. Die Aussage von Martin Meyer, dass Casino und Hotel getrennte Buchhaltungen haben und dass sogar die Finanzmarktaufsicht ein Auge darauf haben werde, mögen wohl richtig sein. Doch dieser Hotelbetrieb kann nach Ansicht von Fachleuten nur rote Zahlen schreiben. Unter einigen meiner Kollegen macht sich eine Art «Lethargie» breit. Das finde ich schlimm. Denn das Bauernopfer in diesem Trauerspiel sind die Hoteliers, und nur die Hoteliers. Was heisst schlechte Verlierer? Für die einen geht es nur um Kohle, für uns gehts um die Existenz, aber auch um unser Herzblut. Ist der ein schlechter Verlierer, der den Schwanz einzieht oder derjenige, der auf den Tisch haut? Urteilen Sie selbst! (mw)

 

Persönlich

Klaus Schatzmann, Jahrgang 1953, ist Hotelier und Gastronom in Triesen. Sein Lokal zählt zu den besten in Liechtenstein (mit 1 Michelin-Stern seit 1996 und 17 Gault-Millau- Punkten ist sein Restaurant seit über 12 Jahren das von den Gastro-Führern am höchsten dotierte im Land).

 

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