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Betroffenen Halt geben

Angehörige depressiver Menschen haben es nicht leicht: Sie wollen helfen ? wissen aber oft nicht wie. Matthias Brüstle, Psychologe und Leiter des Liechtensteiner Bündnisses gegen Depression, gibt Tipps.

Amélie verhält sich seit geraumer Zeit ungewöhnlich. Die ansonsten gut gelaunte und unternehmungslustige junge Frau zieht sich immer mehr zurück. Sie hat keine Lust mehr, auszugehen und ist überfordert mit jeder Aufgabe, die man ihr aufträgt. Ihre Angehörigen – seien es die Eltern, der Partner oder ihre beste Freundin – merken, dass etwas nicht in Ordnung ist. «Wenn man bei einer nahestehenden Person eine Verhaltensveränderung ohne nachvollziehbaren Grund wahrnimmt,  die über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen dauert, kann das ein Anzeichen für eine psychische Erkrankung sein», erläutert Matthias Brüstle.

Betroffene direkt ansprechen

Als Angehöriger ist es wichtig, den depressiv erkrankten Menschen direkt auf seine Krankheit anzusprechen. Man sollte dafür sorgen, dass er eine Fachperson aufsucht. Um psychische Probleme behandeln zu können, ist professionelle Hilfe nötig. Trotzdem ist man als Angehöriger nicht machtlos. Man kann dem Betroffenen Hilfe anbieten und für ihn da sein, wenn er jemanden benötigt. Ausserdem kann man ihn bei der Therapie unterstützen und motivieren, vorwärtszuschauen, indem man ihm immer wieder sagt, dass eine Depression eine behandelbare Krankheit ist.

Rat von Fachperson einholen
Depressiven Menschen zu helfen ist schwer, denn sie sind unglücklich, verzweifelt und sehen oft nicht ein, dass sie ärztliche Hilfe benötigen. Man sollte deswegen nicht mit der betroffenen Person streiten, sondern  versuchen, ihr Mut zu machen, Hoffnung und Halt zu geben. Rat können sich Angehörige selbst von Fachpersonen oder in einer Selbsthilfegruppe holen. Informationen aus erster Hand und emotionaler Austausch können äusserst hilfreich sein.
Wenn der Betroffene sein Problem trotz aller Bemühungen seiner Angehörigen nicht einsieht, gibt es laut Matthias Brüstle einen grossen Spielraum: «Entweder man nimmt das so hin, unternimmt nichts Weiteres und leidet allenfalls selbst unter der Situation oder man beendet die Beziehung zu dem depressiv erkrankten Mitmenschen sofort.» Zwischen diesen Extremen gebe es viele unterschiedlichen Reaktionen auf diese Situation. «Wichtig ist, dass man konsequent ist – egal, was man tut.»

Emotional Abstand gewinnen
Wirken Depressive abweisend und  handeln rücksichtslos, darf man das nicht persönlich nehmen. Sie können aufgrund ihrer Krankheit nicht anders. Angehörige sollten ihnen in diesem Fall niemals Boshaftigkeit unterstellen. Worte wie «Nimm dich zusammen» oder «Erfreue dich am Schönen im Leben» nützen nichts und können sogar kontraproduktiv wirken, weil sie weitere Schuldgefühle beim Betroffenen auslösen können.
Damit Angehörige nicht selbst in eine Depression verfallen, dürfen sie – bei aller Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft – nicht sich selbst vergessen. Sie müssen darauf achten, dass es ihnen gut geht. Das heisst: Auch wenn der Partner depressiv zu Hause sitzt, sollte man sich ohne schlechtes Gewissen Gutes tun und zum Beispiel Freunde treffen. (hl)

Weitere Tipps im Umgang mit depressiv erkrankten Angehörigen unter www.buendnis-depression.li

 
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