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Dem Klischeedenken kunstvoll begegnen

Luxemburg und Liechtenstein sehen sich stets mit etwas konfrontiert: Klischees. Die aktuelle Ausstellung im Kunstraum nähert sich diesen kunstvoll an.

 Von Elisabeth Huppmann

Jeder Mensch sieht sich früher oder später einmal mit Klischees konfrontiert. Bei Kleinstaaten wie Luxemburg und Liechtenstein ist das Klischeedenken längst vorprogrammiert. Nicht nur in Zeiten der Finanzkrise. Das Bild, das solche Länder im Ausland haben stimmt meist nicht mit der Eigenwahrnehmung überein. Die Ursachen für derartig widersprüchliche Wahrnehmungen reichen von Unwissenheit bis hin zu Missgunst. Ein Umstand, dem die Gemeinschaftsausstellung von drei luxemburgischen und drei liechtensteinischen Künstlern im Kunstraum Engländerbau entgegen tritt. Sie zeigt Klischees auf, sensibilisiert für diese und betreibt Aufklärungsunterricht – auf eine kunstvolle Art und Weise.
Voreilige Schubladisierung
Stichwörter wie «Geld», «sehr klein», «Banken» fallen unweigerlich im Zusammenhang mit Luxemburg und Liechtenstein, wusste der liechtensteinische Botschafter in Bern, Hubert Büchel, anlässlich der gestrigen Vernissage zu berichten. Schnell stecke man beide Länder in eine Schublade, obwohl sie doch gravierende Unterschiede aufweisen. Allein in Bezug auf die Bevölkerungszahl übersteigt Luxemburg Liechtenstein um das 13fache. Weitere Unterschiede blieb Büchel nicht schuldig. Und dennoch verbindet die beiden Länder der gemeinsame Kampf gegen die ihnen entgegen gebrachten Klischees. 
Jenseits des Klischees
Für einmal nicht auf politischer, touristischer oder Image pflegender Ebene, sondern auf kultureller versucht Kurator Kevin Muhlen diesem Phänomen entgegen zu treten. Unter dem Ausstellungstitel «Through the looking glass – Jenseits des Klischees» gehen sechs Künstler der Frage nach «welche Klischees man von sich selbst hat, welche Klischees andere von einem haben und welche Klischees man glaubt, dass andere von einem haben». Hierbei stimmt die Ausstellung, die bis zum 25. Oktober in Vaduz zu sehen ist, nachdenklich, jedoch nur, um im nächsten Moment für ein Schmunzeln zu sorgen. 
Luxemburgische Gäste
Die luxemburgischen Künstler Stina Fisch, Marco Godinho und Max Mertens gehören zur neuen Generation der Kunstschaffenden in Luxemburg. Während sich Fisch in ihrer Bilderserie mit Identifikatioin und Zuordnung befasst, geht Mertens der Macht der Bilder nach. In seiner Holz- und Pappkartonkabine zeigt er in einer Bilderflut gängige Klischees beider Länder. Godinho hingegen lässt den Raum bewusst verschwinden und verschliesst diesen in hunderte vergoldete Pappkartonschachteln. Was dahinter steckt bleibt unbekannt. Wie so oft im Zusammenhang mit Klischees. 
Liechtensteinische Gastgeber
Die liechtensteinischen Künstler Tiziana Condito, Anna Hilti und Martin Walch haben ihren eigenen Zugang zum Thema gewählt. Walch konfrontiert die Besucher mit übergrossen mit Luft gefüllten Körpern, dem Versuch das eigene Sichtfeld zu materialisieren. Condito hat in der liechtensteinischen Landschaft nach Klischees gesucht und diese in grossformatigen Fotografien festgehalten. Und Anna Hilti befasst sich mit der Frage, ob das Äussere tatsächlich die Persönlichkeit dahinter widerspiegelt. 
Sechs künstlerische Sichtweisen, keineswegs nur zu nationalen Klischees, sondern auch zu menschlichen. Eben solchen, mit denen jeder schon einmal konfrontiert wurde. Egal, ob als Luxemburger oder Liechtensteiner. Klischeehaftes Denken scheint eine menschliche Eigenart zu sein. Ihr entgegen zu wirken, ein Ding der Unmöglichkeit. Denn was sich erst einmal in den Köpfen festgesetzt hat, sitzt. Und mal Hand aufs Herz: wer macht sich schon die Mühe, heraus zu finden, was wirklich an einem Klischee dran ist. Sich jedoch im Kunstraum Engländerbau die sechs Sichtweisen «jenseits des Klischees» zu Gemüte zu führen, lohnt. Wer weiss, wann man wieder einmal so ehrlich den Spiegel vorgehalten bekommt. 

Artikel: http://www.vaterland.li/importe/archiv/kultur/dem-klischeedenken-kunstvoll-begegnen-art-67022

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