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Eine tragische Geschichte humorvoll erzählt

Das Alte Kino Mels startet im Rahmen der «Wahnsinnsnächte» mit der Eigen­produktion «Einer flog über das Kuckucksnest» in die neue Spielzeit. Das Team bricht bewusst mit den bekannten Bildern aus dem berühmten Film von Milos Forman und präsentiert seine ganz eigene Version des Stücks.

Mels. - Jack Nicholson als rebellischer R. P. McMurphy, Louise Fletcher als eiskalte, berechnende Schwester Ratched, und Will Sampson als taubstummer «Häuptling» Bromden ? kaum einer hat den Film von Milos Forman aus dem Jahr 1975 nicht gesehen, und wer an «Einer flog über das Kuckucksnest» denkt, hat sofort die entsprechenden Bilder vor Augen. Auch die Geschichte ist den meisten bekannt: Um einer Gefängnisstrafe zu entgehen, lässt sich der wegen Verführung einer Minderjährigen verurteilte R. P. McMurphy in eine psychiatrische Anstalt einliefern. Dort trifft er auf die machtbesessene Oberschwester Ratched, die den Patienten in ihrem menschenverachtenden Regime kaum Eigeninitiative zugesteht ? ein erbitterter Machtkampf beginnt. «Dass der Film so bekannt ist, stellt sicherlich eine Hürde dar, auch für das Team», gesteht Produktionsleiter Hans Bärtsch. Letztlich sei es aber doch gerade die Aufgabe des Theaters, andere Bilder als die bereits bekannten zu zeigen und auch den bekanntesten Stoff auf ganz eigene Weise zu inszenieren.

Ohne Humor geht es nicht

Um einer Inszenierung die eigene Handschrift zu geben, gibt es viele Möglichkeiten: Die Gestaltung des Bühnenbilds, die Wahl der Schauspieler, deren Kostüme und so weiter. Aber auch mit der Gewichtung und Erzählweise von Szenen können eigene Akzente gesetzt werden. So legt Regisseurin Romy Forlin besonderen Wert auf den Humor in «Einer flog über das Kuckucksnest» ? trotz aller Ernsthaftigkeit des Themas. «Der Stoff bietet auch viel zum Lachen und Schmunzeln und gerade das Theaterskript weicht in dieser Hinsicht vom damaligen Filmskript ab», so Bärtsch. Denn der Frage nachzuspüren, was normal ist und was nicht ? das gehe gar nicht ohne Humor. Eine grosse Herausforderung stellte die Besetzung der Figuren dar: «Wir mussten uns selbst von vorgefertigten Bildern lösen und uns dafür auf die Charaktere der Schauspieler und der Figuren konzentrieren», erklärt Hans Bärtsch. Denn die Charaktere der Laiendarsteller sollten zu den Charakteren der Figuren passen, während die äusserliche Ähnlichkeit in den Hintergrund rückte und oft gerade nicht erwünscht war.

Wann ist jemand krank?

Obwohl Ken Kesey «Einer flog über das Kuckucksnest» bereits 1962 schrieb, ist die Thematik des Skripts für Hans Bärtsch immer noch äusserst aktuell: «Die psychischen Krankheiten, um die es im Buch geht, sind nach wie vor dieselben, auch wenn sich der Umgang mit ihnen stark verändert hat.» Die Sicht der Patienten selbst, die mit einer psychischen Krankheit zu kämpfen haben, sei aber dieselbe geblieben. Auch Fragen wie «Wann ist jemand krank?» oder «Wann ist jemand so krank, dass er in eine Psychiatrie gehört?» beschäftigen die Gesellschaft auch heute noch. Die Verletzbarkeit psychisch Kranker sowie das Gefühl, manchmal fast durchsichtig zu sein für den Rest der Welt, spiegelt sich im Alten Kino Mels auch im Bühnenbild wider. Die eigentlich ganz schwarze Bühne wird sich für einmal in sterilem Weiss präsentieren. «Damit sind starke Kontraste möglich», erklärt Produktionsleiter Bärtsch.

Festspiel machte Lust auf mehr

«Einer flog über das Kuckucksnest» ist erst die zweite Eigenproduktion für Erwachsene des Alten Kino Mels in den letzten Jahren. Es gibt zwar jedes Jahr zu Weihnachten Eigenproduktionen für Kinder, Produktionen von und für Erwachsene gab es aber bis 2012 seit mehreren Jahren nicht mehr. Als Regisseurin Romy Forlin dann 2011 das Festspiel «Dr steinig Wäg» in Koproduktion des Kulturressorts der Gemeinde Mels mit dem Alten Kino in Mels realisierte, war das für die Mitspielenden ein derart prägendes Erlebnis, dass der Wunsch nach mehr Eigenproduktionen laut wurde. Daraufhin konnte 2012, nachdem genügend Sponsoren gefunden wurden, die Produktion «Huit femmes» realisiert werden, die bei den über 800 Besuchern auf sehr gutes Echo stiess. Die zweite Eigenproduktion für Erwachsene widmet sich nun der Geschichte von «Einer flog über das Ku­ckucksnest».
Zurzeit laufen die Proben auf Hochtouren. Seit Februar wird an der Inszenierung gearbeitet und gefeilt, nach den Sommerferien konnte erstmals auf der neu gestalteten Bühne geprobt werden. Die Endfassung des Stücks steht allerdings noch nicht fest ? die Proben sind ein kreativer Prozess, der die Inszenierung auch jetzt noch in Richtungen lenken kann, die ursprünglich ganz anders gedacht waren. Das Ergebnis gibt es dann ab dem 12. September im Alten Kino Mels zu sehen ? man darf gespannt sein. (ah)

Artikel: http://www.vaterland.li/importe/archiv/kul/eine-tragische-geschichte-humorvoll-erzaehlt-art-84111

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