Swisscom besser als ausländische Pendants
Die Kunden liefen anfangs in Scharen von der Swisscom zur Konkurrenz über. Zwei Jahrzehnte nach der Marktöffnung zeigt sich jedoch, dass die Swisscom immer noch um einiges erfolgreicher und dominanter ist als ehemalige Monopolisten in anderen Ländern Europas.
Bei der Swisscom betrug Ende 2016 der Marktanteil im Mobilfunk 58 Prozent und in der Festnetztelefonie gut 60 Prozent. Bei den Breitbandverbindungen hat die Swisscom die Hälfte aller Anschlüsse.
Zwar haben die einstigen Monopolgesellschaften in der EU auch mehr Marktanteile als ihre Herausforderer. Aber die Marktanteile seien auf circa 40 Prozent abgeschmolzen, stellt eine Studie des deutschen Beratungsunternehmens WIK-Consult zum Wettbewerb in der Schweiz fest.
Geteilte Meinungen über Ursachen
Die Swisscom könne ihre historischen Vorteile als einstige Monopolanbieterin besser nutzen als die ausländischen Pendants, urteilt WIK-Consult. Über die Gründe gehen die Meinungen auseinander.
Bei der Liberalisierung des hiesigen Telekommarktes habe die Politik eine Lex Swisscom gemacht, sagt die Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), Sara Stalder: "Das ist der einzige Grund, warum sich die Swisscom besser geschlagen hat als andere Ex-Monopolisten in Europa. In Europa war der Wille da, den Markt zu liberalisieren und den Wettbewerb spielen zu lassen."
Die EU habe die gesetzlichen Vorgaben immer wieder unter die Lupe genommen und angepasst. In der Schweiz hingegen habe man ein Fernmeldegesetz verfasst, das ein Swisscom-Gesetz gewesen sei, und dieses so lange wie möglich behalten. Man hätte nicht nur das Kupfernetz der Swisscom regulieren sollen, sondern technologieneutral alle Netze, kritisiert Stalder.
Telekomanalyst Panagiotis Spiliopoulos von der Bank Vontobel pflichtet bei: "Hauptgrund für den Erfolg der Swisscom ist, dass der Schweizer Regulator nicht so forsch vorgegangen ist wie in anderen Ländern, beispielsweise in der EU. Dort hat man die Ex-Monopolisten gezwungen, sich viel schneller anzupassen."
Regulierung im Nachhinein
In der Schweiz dürfe der Regulator Comcom bei den Preisen nicht präventiv eingreifen - im Gegensatz zur EU, bemängelt Stalder. Hierzulande kann die Comcom erst intervenieren, wenn sich die Konkurrenten mit der Swisscom nicht einigen und Klage einreichen.
Diese Regulierung im Nachhinein und die späte Öffnung der "letzten Meile" von der Telefonzentrale zum Wohnungsanschluss seien grosse Nachteile für die Herausforderer der Swisscom, meint Telekomexperte Ralf Beyeler.
Pikant ist dabei, dass sich Konkurrentin Sunrise gegen eine Regulierung wie in der EU ausspricht: Man sehe in gewissen Ländern, dass die Regulierung auf Vorrat zu weit gegangen sei, sagt Konzernchef Olaf Swantee.
Gleich beurteilt dies Telekomanalyst Spiliopoulos: Überall in Europa sei die Netzqualität deutlich schlechter als in der Schweiz. Mit der strengeren EU-Regulierung wäre das auch in der Schweiz der Fall.
Telekomexperte Beyeler ortet den Hauptgrund für die Dominanz der Swisscom anderswo als in der Regulierung - in der Mentalität der Schweizer: Die Schweizer seien sehr markenbewusst und weniger preissensibel als Menschen anderer Länder. ZKB-Analyst Andreas Müller nennt als weiteren Grund die erfolgreiche Geschäftsstrategie der Swisscom am Markt.
Gemischte Bilanz
Spiliopoulos bilanziert: Die Liberalisierung des Telekommarktes in der Schweiz sei ein grösserer Erfolg als in anderen Ländern. Denn Qualität und Dienstleistungen seien hierzulande sehr gut, auch wenn sie teurer seien.
Dem widerspricht Konsumentenschützerin Stalder: "Die EU hat es bei der Preisgestaltung besser gemacht."
Beyeler zieht ein gemischtes Fazit: Die Qualität sei nicht schlecht, werde allerdings oft als besser eingeschätzt, als sie tatsächlich sei. Man denke nur an die Abdeckung im Zug. Oder an den Kundendienst. (sda)
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