Grünes Licht für Beznau 1
Die Axpo habe nachgewiesen, dass die im Stahl des Reaktordruckbehälters gefundenen Aluminiumoxid-Einschlüsse keinen negativen Einfluss auf die Sicherheit haben, sagte Ensi-Direktor Hans Wanner am Dienstag vor den Medien in Brugg AG. Aus sicherheitstechnischer Sicht spreche nichts dagegen, dass Beznau 1 wieder ans Netz gehen könne.
Der Ring C, der mittlere Teil des 150 Tonnen schweren und acht Meter hohen Reaktordruckbehälters, erfüllt laut Ensi nach wie vor die Anforderungen der Ausserbetriebnahmeverordnung des Eidg. Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek). Die so genannte Sprödbruchreferenztemperatur liegt auch mit der restriktiveren von zwei Messmethoden unterhalb des Grenzwertes.
Zuerst in Belgien entdeckt
Einschlüsse von Fremdmaterial, wie sie zum dreijährigen Unterbruch in Beznau führten, waren zuerst 2012 im Reaktordruckbehälter eines belgischen AKW registriert worden. Darauf wurden auch die Schweizer Behörden aktiv. Die vier Schweizer AKW mit ihren fünf Blöcken mussten zuerst dem Ensi Informationen über Herstellung, Grundwerkstoff und Prüfung der Reaktordruckbehälter-Schmiedeteile vorlegen.
Als der Reaktordruckbehälter von Block 1 des AKW Beznau bei der Jahresrevision mit Ultraschall untersucht wurde, kamen Einschlüsse zum Vorschein. Damit begann für die Axpo ein drei Jahre dauernder Prozess, bei dem schlussendlich der Nachweis erbracht wurde, dass die Einschlüsse nicht vom Betrieb, sondern von der Fertigung stammten.
Bei der Prüfung des Reaktordruckbehälters seien neue internationale und weltweit einzigartige Standards gesetzt worden, sagte Axpo-CEO Andrew Walo zwei Stunden nach den Ensi-Vertretern an einer weiteren Medienkonferenz in Brugg AG. Über 50 Experten und viele spezialisierte Unternehmen hätten dabei mitgearbeitet.
Teure Untersuchung
Die gesamte Untersuchung kostete die Axpo rund 350 Millionen Franken. Der Grossteil davon, nämlich 270 Millionen, entfallen allerdings auf die Ersatzbeschaffung von Strom für die ausgefallene Produktion.
Herausgefunden wurde, dass das in der Hülle des Reaktordruckbehälters entdeckte Fremdmaterial aus Aluminiumoxid besteht. Beim Studieren der Unterlagen der französischen Metallschmiede, welche das Teil in den 1960er-Jahren gegossen hatte, fand man heraus, dass zur Beruhigung des flüssigen Metalls Aluminium beigegeben werden.
Dieses Metall schloss sich dann im Stahl ein, ohne weitere Reaktionen auszulösen. Damit man ganz sicher sein konnte, baute man eine Replika des Reaktordruckbehälters mit dem selben Methoden nach und fand auch dort Aluminiumoxid-Einschlüsse.
Schnell wieder in Betrieb nehmen
Die Axpo will Block 1 des AKW Beznau nun so schnell wie möglich wieder schrittweise in Betrieb nehmen. Dabei werden weitere, von der Ensi überwachte Tests stattfinden. Block 1, einer der ältesten kommerziellen Reaktoren der Welt, soll bis Ende März wieder auf Volllast hochgefahren werden.
Bedenken, dass die Anlage im Verlaufe der dreijährigen Pause Schaden genommen hat, hat man bei der Axpo keine. Das wichtige Primärsystem der Anlage lief im Verlaufe der drei Jahre weiter und musste rund 9000 Prüfungen über sich ergehen. Standschäden seien dabei keine festgestellt werden.
Noch nicht geprüft wurde das Sekundärsystem. Ensi-Direktor Hans Wanner sagte, dass Schäden an diesen Anlageteilen nach so langer Pause nicht ausgeschlossen werden können.
Bei der Axpo blickt man optimistisch in die Zukunft. Die Anlage sei dank Milliardeninvestitionen auf dem neusten Stand der Technik, sagte Axpo-Chef Andrew Walo. Die Axpo plane, Beznau 1 bis 2030 zu betreiben. Es sei allerdings nicht vorstellbar, dass der Reaktordruckbehälter eine Lebensdauer von 80 Jahren habe.
Unterschiedliche Reaktionen
Der Entscheid des Ensi löste unterschiedliche Reaktionen aus. Beznau 1 sei mit seiner Nutzungsdauer in guter Gesellschaft, teilte das Nuklearforum mit. Allein in den USA gebe es neun praktisch gleich alte Anlagen. Das zeige, dass auch dienstältere Anlagen dank umfassender Wartung und Modernisierung nach modernen Sicherheitskriterien betrieben werden können.
Weniger erfreut waren die Atomkraftgegner. Das Ensi gebe grünes Licht für ein waghalsiges Experiment, das die Gesundheit und die Heimat von Hunderttausenden von Menschen in der Schweiz und im benachbarten Ausland gefährde, meinen die Grünen Aargau.
Greenpeace fuhr vor allem Energieministerin Doris Leuthard an den Karren. Sie lege mit ihrer Energiepolitik den AKW-Betreibern einen roten Teppich aus. Leuthard wird aufgefordert, Verantwortung zu übernehmen. Sie müsse die Verwässerung der Atomsicherheit stoppen.
Die SP des Kantons Aargau hatte den Entscheid der Atomaufsichtsbehörde am Morgen in einer Fraktionserklärung im Grossen Rat kritisiert. Das Hochfahren der Anlage sei "verantwortungslos". Der Energiekonzern reite mit dem AKW Beznau ein "totes Pferd", hiess es. (sda)
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