AHV-Steuerdeal bleibt auf Kurs
Gemessen an den politischen Opfern, die dafür zu erbringen waren, ist die Einigkeit gross. Die Gesamtabstimmung fiel mit 114 zu 68 Stimmen bei 13 Enthaltungen aus. Der Zuschuss für die AHV war zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Die Vorlage ist nahezu bereinigt. Einzig bei der Einschränkung des Kapitaleinlageprinzips und beim Gemeindeartikel verbleiben Differenzen zum Ständerat.
Der Schulterschluss von SP, FDP und CVP hat auch im Nationalrat gehalten. Die drei Fraktionen haben das Paket so eng geschnürt, dass für Einzelinteressen und Sonderanliegen kein Spielraum blieb. Bei einem Kompromiss gehe es nicht darum, die eigenen Interessen durchzuboxen, begründete FDP-Chefin Petra Gössi (SZ) ihre Entschlossenheit.
Unternehmen verunsichert
Im Zentrum der Steuervorlage steht die Abschaffung kantonaler Steuerprivilegien für internationale Unternehmen. Zu diesem Schritt ist die Schweiz unter Druck des Auslands gezwungen. Ein erster Anlauf ist im Februar 2017 beim Urnengang über die Unternehmenssteuerreform III gescheitert.
Die Schweiz droht auf einer schwarzen Liste zu landen. Das verunsichert viele Unternehmen. Diese leisteten einen wesentlichen Beitrag zum Wohlstand der Schweiz, rief Finanzminister Ueli Maurer dem Nationalrat in Erinnerung. Die Steuervorlage 17 würde für Rechtssicherheit sorgen.
Neue Vergünstigungen
Sie soll jene Unternehmen in der Schweiz halten, die ihre Privilegien verlieren und mit Steuererhöhungen rechnen müssen. Auf diese warten neuen Vergünstigen - international akzeptiert diesmal, weil alle Unternehmen gleichermassen profitieren. Unter anderem erhalten die Kantone rund eine Milliarde Franken zusätzlich aus der Bundeskasse. Das ermöglicht ihnen, generell die Gewinnsteuern für Unternehmen zu senken.
In der Patentbox können Erträge aus Patenten und vergleichbaren Rechten ermässigt versteuert werden. Für Forschung und Entwicklung im Inland dürfen Unternehmen hohe Steuerabzüge machen. Auch bei der Auflösung stiller Reserven können sie Steuern sparen. Auf der anderen Seite gibt es künftig eine einheitliche Mindestbesteuerung für Dividenden. Diese beläuft sich bei den Kantonen auf 50 Prozent, Der Bund erhebt 70 Prozent.
Sozialer Ausgleich
Soweit gleicht die Steuervorlage 17 der gescheiterten Unternehmenssteuerreform III. Nach der Abstimmung war den Verlierern jedoch klar, dass ein neuer Anlauf einen sozialen Ausgleich enthalten muss. Der Bundesrat schlug vor, die Familienzulagen zu erhöhen. Damit überzeugte er nicht, weil davon nur ein kleiner Teil der Bevölkerung profitiert hätte.
Stattdessen schlossen SP, CVP und FDP im Ständerat den AHV-Steuerdeal: Für jeden Franken, der der öffentlichen Hand wegen der Steuervorlage entgeht, soll ein Franken in die AHV fliessen. Es handelt sich um schätzungsweise zwei Milliarden Franken.
Das Konzept war im Nationalrat umstritten. SVP, GLP und BDP versuchten, die AHV-Zusatzfinanzierung aus der Vorlage zu kippen. Sie hatten demokratiepolitische Bedenken. "Hier soll zusammenwachsen, was nicht zusammen gehört", kritisierte der Zürcher SVP-Vertreter Thomas Matter. Thomas Weibel (GLP/ZH) sprach gar von Erpressung der Stimmberechtigten.
Felsenfester Mitte-Links-Block
Die Grünen sorgten sich ebenfalls um die unverfälschte Meinungsbildung. Sie verlangten, zu AHV-Finanzierung und Steuervorlage wenigstens separate Abstimmungsfragen zu stellen. Der Mitte-Links-Block blieb jedoch unverrückbar.
An ihm brach auch die Antragsflut von links und rechts: Das Frauenrentenalter sollte angehoben, Entwicklungshilfeausgaben gesenkt oder die Patentbox eingeschränkt werden - abgelehnt. Die SVP kämpfte gegen neue Vorschriften bei der Dividendenbesteuerung. Sie musste zur Kenntnis nehmen, dass sie dabei nicht einmal von der FDP unterstützt wurde.
Als weiteres Entgegenkommen an die Abstimmungssieger hatte der Ständerat gewisse Zugeständnisse beim Kapitaleinlageprinzip beschlossen. Dieses war mit der Unternehmenssteuerreform II eingeführt worden und erlaubt den Unternehmen, Milliarden steuerfrei an die Aktionäre auszuzahlen.
Börsenkotierte Unternehmen dürfen das künftig nur noch in dem Umfang tun, in dem sie auch steuerbare Dividenden auszahlen. Der Ständerat sieht gewisse Ausnahmen von dieser Regel vor, der Nationalrat hat weitere beschlossen.
Enger Zeitplan
Daneben bleibt nur eine weitere Differenz. Auf Antrag von Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) beschloss der Nationalrat, dass die Kantone die Auswirkungen der Steuerreform auf die Gemeinden nicht nur berücksichtigen, sondern auch abgelten müssen. Viele Gemeinden hatten sich dem Widerstand gegen die Unternehmenssteuerreform III angeschlossen, weil sie dabei völlig übergangen worden waren.
Die Steuervorlage geht nun zurück an den Ständerat. Dieser berät am nächsten Montag darüber. Bis Ende der Session soll die Vorlage unter Dach und Fach gebracht werden. (sda)
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben
Kleines Vademecum für Kommentarschreiber
Wie ein Kommentar veröffentlicht wird – und warum nicht.
Wir halten dafür: Wer sich an den gedeckten Tisch setzt, hat sich zu benehmen. Selbstverständlich darf an der gebotenen Kost gemäkelt und rumgestochert werden. Aber keinesfalls gerülpst oder gefurzt.
Der Gastgeber bestimmt, was für ihn die Anstandsregeln sind, und ab wo sie überschritten werden. Das hat überhaupt nichts mit Zensur zu tun; jedem Kommentarschreiber ist es freigestellt, seine Meinung auf seinem eigenen Blog zu veröffentlichen.
Jeder Artikel, der auf vaterland.li erscheint, ist namentlich gezeichnet. Deshalb werden wir zukünftig die Verwendung von Pseudonymen – ausser, es liegen triftige Gründe vor – nicht mehr dulden.
Kommentare, die sich nicht an diese Regeln halten, werden gelöscht. Darüber wird keine Korrespondenz geführt. Wiederholungstäter werden auf die Blacklist gesetzt; weitere Kommentare von ihnen wandern direkt in den Papierkorb.
Es ist vor allem im Internet so, dass zu grosse Freiheit und der Schutz durch Anonymität leider nicht allen guttut. Deshalb müssen Massnahmen ergriffen werden, um diejenigen zu schützen, die an einem Austausch von Argumenten oder Meinungen ernsthaft interessiert sind.
Bei der Veröffentlichung hilft ungemein, wenn sich der Kommentar auf den Inhalt des Artikels bezieht, im besten Fall sogar Argumente anführt. Unqualifizierte und allgemeine Pöbeleien werden nicht geduldet. Infights zwischen Kommentarschreibern nur sehr begrenzt.
Damit verhindern wir, dass sich seriöse Kommentatoren abwenden, weil sie nicht im Umfeld einer lautstarken Stammtischrauferei auftauchen möchten.
Wir teilen manchmal hart aus, wir stecken auch problemlos ein. Aber unser Austeilen ist immer argumentativ abgestützt. Das ist auch bei Repliken zu beachten.
Wenn Sie dieses Vademecum nicht beachten, ist das die letzte Warnung. Sollte auch Ihr nächster Kommentar nicht diesen Regeln entsprechen, kommen Sie auf die Blacklist.
Redaktion Vaterland.li
Diese Regeln haben wir mit freundlicher Genehmigung von www.zackbum.ch übernommen.