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Bedenken zu höheren Anlage-Grenzwerten

Der Ständerat hat Bedenken, die Strahlenschutzvorschriften für Mobilfunkanlagen zu lockern. Die kleine Kammer lehnte am Montag eine Motion ihrer Fernmeldekommission mit 22 zu 21 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab, gegen den Willen des Bundesrates.
Der Ständerat hat Bedenken zu höheren Anlagegrenzwerten für Mobilfunkantennen. Er hat eine Motion seiner eigenen Fernmeldekommission abgelehnt. (Themenbild)
Der Ständerat hat Bedenken zu höheren Anlagegrenzwerten für Mobilfunkantennen. Er hat eine Motion seiner eigenen Fernmeldekommission abgelehnt. (Themenbild) (Bild: KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER)

Der Bundesrat hätte den Vorstoss unterstützen wollen. Die Motion fordert, die Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) rasch zu revidieren.

Swisscom hatte zugleich angekündigt, den Start des 5G-Standards um zwei Jahre vorzuverlegen. Schon gegen Ende 2018 soll der neue Standard punktuell eingeführt werden; 2020 dann flächendeckend. Verglichen mit der heute verbreiteten vierten Generation macht 5G das Surfen im Internet etwa 100 Mal schneller.

Voraussetzung dafür ist allerdings die Anpassung der NISV. Konkret fordert die Branche einen Emissionsgrenzwert, der je nach Frequenz etwa drei- bis fünfmal höher ist als der geltende Wert. Ohne höhere Grenzwerte werde der Aufbau des 5G-Netzes länger dauern und lückenhaft bleiben, warnt Swisscom.

"Akuter geworden"

Das Thema gab im Ständerat zu reden. Schon Ende 2016 hatte die kleine Kammer einen ähnlichen Vorstoss aus dem Nationalrat für höhere Grenzwerte für Mobilfunkantennen knapp abgelehnt, nachdem Gegner vor möglichen gesundheitlichen Auswirkungen gewarnt hatten.

Die KVF wollte auf dieses Nein zurückkommen. Im neuen Vorstoss warnte sie, dass das Mobilfunknetz "kurz vor einem Kollaps" stehe. Laut Swisscom lasteten rund 50 Prozent aller Antennen die bewilligte Sendeleistung bereits zu mehr als 90 Prozent aus. "Die Situation ist akuter geworden mit der bevorstehenden Einführung von 5G", sagte Sprecher Hans Wicki (FDP/NW).

Aus dem Rat kamen Bedenken: Brigitte Häberli-Koller (CVP/TG) kritisierte namens der Minderheit, dass nach der Ablehnung von Ende 2016 in der kleinen Kammer nun erneut über die Forderung diskutiert werde, obwohl keine neuen Erkenntnisse gebe es nicht. "Fragen zu Auswirkungen auf die Gesundheit sind weiterhin offen."

"Unangenehm"

Géraldine Savary (SP/VD) nannte die Wiederaufnahme des Anliegens und den Druck durch Swisscom "unangenehm". Sie forderte, das Thema bei der Revision des Fernmeldegesetzes aufzunehmen. "Menschen, die sensibel auf Strahlung reagieren, leiden. Davon zeugen ihre Zuschriften an uns."

Werner Hösli (SVP/GL) hielt dagegen, dass die Menschen trotz der technischen Entwicklungen immer älter würden und gesünder seien. Dass Krebserkrankungen wegen Mobilfunkantennen zugenommen hätten, treffe nicht zu. Erwiesen sei einzig, dass die Erwärmung des Körpergewebes durch Mobilfunkstrahlung schädlich sei.

Raphaël Comte (FDP/NE) mahnte zur Vorsicht. Schlussendlich gehe es um eine Verordnung, die der Bundesrat in eigener Kompetenz nach der nötigen Güterabwägung anpassen könne. Isidor Baumann (CVP/UR) fragte, weshalb die Mobilfunkanbieter den Ängsten der Bevölkerung keine Beachtung geschenkt hätten, etwa mit einem Monitoring.

Laut Fachleuten gehöre die Zukunft kleinzelligen Netzen mit längst nicht so hohen Abstrahlungswerten und bestehe nicht darin, die grössten Antenne auszureizen, hielt Anita Fetz (SP/BS) fest. Die Lösung liege in einer dezentralen Versorgung. "Mit meinem Nein will ich bewirken, dass in die richtige Technologie investiert wird."

Entscheid beim Bundesrat

Ruedi Noser (FDP/ZH) hingegen nannte es schwierig, vorauszusehen, was für die Zukunft wichtig sei. Der Anlagengrenzwert in der Schweiz sei tiefer als in der EU, und da wolle die Motion eine Angleichung. "Es gibt keine enorme Aufweichung und keinen Grund für Emotionen." Um Immissionsgrenzwerte gehe es in der Motion nicht.

Über die Grenzwerte entscheidet der Bundesrat in eigener Kompetenz. Umweltministerin Doris Leuthard sagte, der Bundesrat nehme Risiken für die Gesundheit nicht leichtfertig in Kauf. Umkehrt gebe es Forderungen wie schnelles Internet selbst in Berghütten.

Schnelle Internet-Grundversorgung

Mit 22 zu 9 Stimmen und bei 5 Enthaltungen überwies der Ständerat dagegen - gegen den Willen des Bundesrates - eine Motion von Nationalrat Martin Candinas (CVP/GR), die eine Internet-Mindestgeschwindigkeit von zehn Megabit in der Grundversorgung verlangt.

Der Bundesrat hätte bei der vorgeschriebenen Übertragungsrate von drei Megabit bleiben wollen. Bundesrätin Doris Leuthard warnte, dass das Nicht-Sicherstellen der Grundversorgung eingeklagt werden könne. Allein mit der Festnetztechnologie sei dieses schnelle Internet nicht realisierbar.

Die KVF hielt diese Übertragungsrate für nicht mehr zeitgemäss und pochte auf zehn Megabit. Vizepräsident Stefan Engler (CVP/GR) argumentierte mit Chancengerechtigkeit von Stadt und Land. KMU seien auf hohe Übertragungsraten angewiesen und ebenso seien es Spitäler, Schulen, Hotels oder Medienunternehmen. (sda)

 
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