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Alex Wilson gewinnt Bronze über 200 m

Im wohl wichtigsten Rennen seiner Karriere liefert Alex Wilson. Der 28-jährige Schweizer gewinnt an den EM in Berlin über 200 m die Bronzemedaille.
Alex Wilson feiert mit Schweizer Fahne seine Bronzemedaille
Alex Wilson feiert mit Schweizer Fahne seine Bronzemedaille (Bild: KEYSTONE/AP/MARTIN MEISSNER)

Wilson senkte seinen Schweizer Rekord bei leichtem Rückenwind um einen Zehntel auf 20,04 Sekunden. Insbesondere auf der zweiten Streckenhälfte spielte der gebürtige Jamaikaner, der im Alter von 15 Jahren nach Basel kam, seine Stärke aus. Eine Klasse für sich war der Weltmeister Ramil Guliyev. In 19,76 Sekunden kam der Türke nahe an den Europarekord heran.

Nachdem Wilson die Ziellinie passiert hatte, wusste er nicht, ob es für einen Podestplatz gereicht hatte, dermassen knapp ging es hinter dem in einer eigenen Liga laufenden türkischen Weltmeister Ramil Guliyev zu und her. Wilson fehlten am Ende sechs Tausendstel zur Silbermedaille, die sich der Brite Nethaneel Mitchell-Blake sicherte. Allerdings lag Wilson auch nur eine Hundertstelsekunde vor dem Spanier Bruno Hortelano. Den eigenen, an den nationalen Meisterschaften in Zofingen erzielten Schweizer Rekord verbesserte er um einen Zehntel.

Wilson ist der erste männliche Schweizer seit Peter Muster im Jahr 1978, der im Sprint eine EM-Medaille geholt hat. Restlos zufrieden war er aber nicht. "Ich hatte auf eine Zeit unter 20 Sekunden gehofft", sagte der kürzlich Vater gewordene Wilson. "Ich versuchte alles, war aber nicht gut genug, um zu gewinnen." Als er sah, dass Mitchell-Blake die gleiche Zeit wie er hatte, dachte er "Sch...". Es sei ein grosser Unterschied, ob man Zweiter oder Dritter werde.

Wie fühlte sich der Lauf an? "Gut. Allerdings bin ich nicht so gut aus der Kurve gekommen wie im Halbfinal. Ich musste am Schluss alles geben." Druck verspürte er vor dem Rennen keinen. Wird nun gefeiert? "Es gibt nichts zu feiern. Ich muss am Sonntag noch mit der Staffel laufen". Dann will er abermals auf dem Podest stehen, wie auch im kommenden Jahr an den Weltmeisterschaften in Doha. "Ich muss mir nun ja neue Ziele setzen", so Wilson mit einem Schmunzeln.

Der Podestplatz in Berlin war eine Ansage - im wörtlichen Sinn. Allerdings hatte Wilson in der Vergangenheit schon öfters grossspurige Sätze von sich gegeben. Diesmal allerdings "lieferte" er auch. "Es ist egal, was die Menschen glauben. Das Wichtigste ist, dass ich selber an mich glaube."

Wechsel 2016 als entscheidendes Puzzleteil

Das entscheidende Puzzleteil für den Erfolg im Olympiastadion war der im Herbst 2016 vollzogene Wechsel in die Londoner Gruppe von Lloyd Cowan und Clarence Callender. In der englischen Hauptstadt lernte Wilson, an die Grenzen zu gehen. Er war es sich nicht gewohnt, dermassen hart zu arbeiten. Manchmal machte er an einem Tag mehr Sprints als zuvor in einer ganzen Woche. Das Trainingsprogramm beinhaltet auch Dauerläufe über fünf Kilometer oder Yoga. Ausserdem gehört ein Ernährungsberater zum Staff. Wilson, der das Leben gerne geniesst, musste einige Kilogramm abnehmen. Immer wieder fragte er sich, ob sich die ganze Quälerei lohnt.

Doch er blieb dran, auch weil sich die Erfolge rasch einstellten. Ende Mai 2017 gelang ihm in Weinheim mit 10,11 Sekunden der noch heute gültige Schweizer Rekord über 100 m. Am gleichen Tag erzielte er mit 20,37 Sekunden über 200 m ebenfalls eine nationale Bestmarke. Danach ging es aber bergab. Am wichtigsten Wettkampf der Saison, den Weltmeisterschaften in London, überzeugte er einmal mehr nicht.

Der Plan war aber ohnehin auf zwei Jahre ausgerichtet. Und tatsächlich ist in diesem Jahr ein anderer Alex Wilson zu sehen, insbesondere über 200 m, also jener Disziplin, auf die das Hauptaugenmerk gelegt wurde. Die 20,04 Sekunden waren Wilsons fünfter Schweizer Rekord über die halbe Bahnrunde 2018, das unterstreicht, mit welcher Konstanz er mittlerweile läuft.

Wilson, der seit 2010 den roten Pass besitzt, hat keinen einfachen Weg hinter sich. Mit 15 Jahren zog er aus Jamaika in die Schweiz, da seine Mutter einen Schweizer geheiratet hatte. Er sprach kein Wort Deutsch, hatte Mühe mit der hiesigen Kultur und verspürte grosses Heimweh. Als er damals im Dezember ankam, sah er zum ersten Mal Schnee. Sehr hilfreich war, dass eine Lehrerin sein grosses Sprinttalent erkannte und ihn zu den Old Boys Basel ins Training schickte. Die Leichtathletik gab Wilson Halt. Und nun hat sich die ganze Schinderei ausbezahlt. (sda)

 
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