Kritik am Aktionsplan Pflanzenschutzmittel
Die Risiken von Herbiziden und Fungiziden sollen mit dem Aktionsplan halbiert und Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz gefördert werden. Konkret soll in den nächsten zehn Jahren die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln mit besonderem Risikopotenzial um 30 Prozent reduziert werden. Die Emissionen sollen im selben Zeitraum um 25 Prozent zurückgehen.
"Noch weiter gehen"
Insbesondere sollen weniger Pestizide in Gewässer und Böden gelangen. Hierzu werden rund 50 bereits bestehende Massnahmen ausgebaut und neue eingeführt. "Wir sind auf gutem Weg, müssen aber noch weiter gehen", sagte Bernard Lehmann, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW), am Mittwoch vor den Medien in Bern.
Ein vollständiger Verzicht auf Pflanzenschutzmittel sei heute nicht möglich. Ohne Pflanzenschutz würde die Landwirtschaft wesentlich weniger Lebensmittel produzieren. Auch die Qualität würde Einbussen erleiden.
Zu den bestehenden Massnahmen gehört die Förderung alternativer Pflanzenschutzmethoden wie die mechanische Unkrautbekämpfung. Mit den neuen Vorschriften soll nun etwa die Auswaschung von Pflanzenschutzmitteln in die Gewässer reduziert werden.
Geplant sind zudem Begleitmassnahmen im Bereich der Bildung und Beratung. Hinzu kommen Tools zur Datenanalyse vor Ort.
Gefordert sind aber nicht einzig die Bauern. "Alle Akteure stehen in der Pflicht", sagte Christian Leu, Leiter der Sektion Wasserqualität beim Bundesamts für Umwelt (BAFU). Verantwortung trügen auch die Hersteller von Pestiziden sowie die Detailhändler und Konsumenten.
Keine Lenkungsabgabe
Nicht mehr im Aktionsplan enthalten ist die zunächst vorgeschlagene Lenkungsabgabe für Pflanzenschutzmittel, die im Vorfeld von der Industrie kritisiert worden war. Lenkungsabgaben würden in einem grösseren Zusammenhang bei der Diskussion zur Agrarpolitik 2022 wieder Thema sein, sagte BLW-Direktor Lehmann.
Auch keine direkte Erwähnung findet der umstrittene, aber in der Schweiz zugelassene Unkrautvernichter Glyphosat. "Mit den Direktzahlungen an Bauern, die einen herbizidarmen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verfolgen, wird das Mittel aber indirekt angesprochen", sagte BLW-Vizedirektorin Eva Reinhard. Die EU werde wohl im Oktober über den weiteren Umgang mit Glyphosat entscheiden.
"Ungenügend"
Ein "Ungenügend" erteilt der Verein "Sauberes Wasser für alle" dem Aktionsplan. Er sammelt seit März Unterschriften für die "Trinkwasser-Initiative". Sie fordert unter anderem, dass der Staat nur Bauernbetriebe unterstützt, die ohne Pestizide produzieren. Mehr als 77'000 Unterschriften seien bereits beisammen, schreibt er.
Die Denkwerkstatt Vision Landwirtschaft ortet ihrerseits "Unmut in der Bevölkerung über den Pestizideinsatz". Der Aktionsplan sei eine ungenügende Antwort darauf. Während der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln mit Dutzenden Millionen subventioniert werde, fehle für die nun vorgeschlagenen Massnahmen das Geld.
Auch Pro Natura, Greenpeace, SVS BirdLife Schweiz und WWF sind nicht zufrieden. Die Vorgaben im Gewässerschutzgesetz sollten gemäss dem Aktionsplan nur zur Hälfte erfüllt werden, und dies erst bis 2027, schreiben sie. Der Plan enthalte zudem weder einen ausdrücklichen Trinkwasserschutz noch ein Verbot der giftigsten Mittel.
"Nutzen zu wenig berücksichtigt"
Der Bauernverband begrüsst den Aktionsplan zwar, bedauert in seiner Mitteilung aber, dass neben der Landwirtschaft keine anderen Anwender - etwa die Bahn, private Gartenbesitzer oder das Baugewerbe - in die Verantwortung genommen werden. Auch werde auf eine Kommunikationsstrategie rund um Pflanzenschutzmittel verzichtet.
"Chance verpasst", schreibt Biosuisse. Mit seinem Plan fördere der Bundesrat die Produktion nach Bio-Richtlinien nicht stärker. Pestizide könnten weiterhin zum tiefsten Mehrwertsteuersatz bezogen werden. Lenkungsabgaben würden auf die lange Bank geschoben.
Auch die Agrarindustrie sieht "zahlreiche Mängel", die in der Vernehmlassung nicht korrigiert worden seien. Der Nutzen des Pflanzenschutzes werde nicht genügend berücksichtigt, moniert scienceindustries. Der Verband verweist auf eigene Initiativen der Agrarindustrie.
Der Aktionsplan soll laufend an neue Erkenntnisse angepasst werden, hiess es weiter. Ausgebautes Monitoring werde die Wirksamkeit der umgesetzten Massnahmen aufzeigen. Ein erster Bericht ist in sechs Jahren geplant. (sda)
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