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«Wenn man Häuser nicht abreisst, spart man am meisten Energie»: Wie das Toggenburg zur Modellregion für Kreislaufwirtschaft werden soll

Was kann das Toggenburg tun, um in Sachen Kreislaufwirtschaft vorbildlich zu sein? Wo hat die Region Potenzial, wo Nachholbedarf? Mit den Fragen beschäftigten sich am Dienstag rund 40 Baufachleute auf der Schwägalp.
von Christof Lampart
Sie diskutierten lebhaft über die Chancen einer gelebten Kreislaufwirtschaft im ländlichen Raum: Diana Franin, Thomas Diezig, Judith Brändle und Martin Giezendanner (von links). (Bild: Christof Lampart)

Eingeladen zum Informations- und Diskussionsabend am Fusse des Säntis hatten das Energietal Toggenburg und die Ostschweizer Fachhochschule OST. Der Fokus der Forschenden und Praktiker lag dabei auf dem Hoch- und Tiefbau.

Eigentlich wenig verwunderlich. Denn gerade das Baugewerbe ist im Toggenburg stark verankert und so prädestiniert für die Kreislaufwirtschaft (KLW). «Im Hoch- und Tiefbau fällt viel Material an, das heute häufig in Deponien oder im Abfall landet. Das muss nicht sein», sagte Diana Franin, von der OST, die in einem vierjährigen Pilotprojekt untersucht, wie man im Toggenburg eine Kreislaufwirtschaft nachhaltig zum Laufen bringen könnte. Die Ziele sind klar:  «Wir wollen hier, in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und den Gemeinden, KLW-Projekte in Bau, Tourismus, Pflege und der Gastronomie umsetzen.» Im Jahr 2027 wolle die OST im Toggenburg zwei neue KLW-Projekte umsetzen, kündigte Franin an – ohne jedoch auf die Art der Projekte einzugehen.

Während Umbau 300 LKW-Fahrten gespart

Im Anschluss stellten einige Frauen und Männer vom «Bau» ihr eigenes KLW-Projekt vor. Die Bandbreite reichte von der bewusst ressourcenschonend angelegten Architektur über die gezielte Wiederverwendung («Re-Use») von gebrauchten Baumaterialien bis hin zur Erstellung eines millionenschweren Bauprojekts nach dem KLW-Prinzip.

Und es zeigte sich, dass in der Region vieles möglich ist. Selbst der Ort des Infoanlasses, «Säntis – das Hotel», taugte als KLW-Beispiel. Wie Hotelierin Daniela Räbsamen erklärte, konnten durch den Betrieb einer  Kiesaufbereitungsanlage vor Ort während der zweieinhalbjährigen Bauzeit des 42 Millionen-Baus 3000 LKW-Fahrten, 80'000 Liter Diesel und 210 Tonnen an CO2-Emissionen eingespart werden.

Susanne Kytzia, die an der OST am Institut für Bau und Umwelt Nachhaltigkeit im Bauwesen lehrt, erklärte, dass viele Ansätze im Toggenburg zwar schon sehr gut seien, jedoch noch Potenzial bestehe. Indem man als Bauherrschaft die Lebensdauer bestehender Bauten verlängere, Bauteile konsequent wiederverwende und die Wiederaufbereitung von Abbruchmaterialien auf der Baustelle vornehme.

Wer «erhält», spart am meisten

Im Rahmen eines Podiums sagte der Gemeindepräsident von Wildhaus-Alt St. Johann, Thomas Diezig, dass er für seine Gemeinde eine KLW-Kultur verfolgt. Er sagte: «Wenn man Häuser erhält und nicht abreisst, spart man am meisten Energie.» Angst hat der ehemalige Bauverwalter jedoch vor der Regulierungswut der Behörden:  «Ich befürchte, dass der Kanton zwar viele Aufgaben an die Gemeinden abgibt, aber nicht die nötigen Kompetenzen – dafür immer mehr Vorschriften, die den Bauherrschaften das Bauen erschweren.»

Dies sah Bauunternehmer Martin Giezendanner ähnlich: «Die Kreislaufwirtschaft im ländlichen Raum ist eine echte Chance. Aber wenn wir sie nutzen wollen, müssen wir dafür sorgen, dass die Umsetzung nicht an irgendwelchen Normen scheitert.» Als Beispiel nannte er wiederverwertbare Fenster, die entsorgt würden, weil sie den geforderten UW-Wert nicht ganz erreichen.

Judith Brändle vom Hochbauamt des Kantons St. Gallen zeigte für diese Problematik Verständnis. Sie sagte: «Schlau wäre, wenn der Kanton beim Umbau eines Kleinprojekts wie einem Einfamilienhaus weniger stark eingriffe.» Das Bauen sei heute komplex. Bei einem Grossprojekt könne man Vorgaben in der Projektorganisation berücksichtigen, bei Privatbauten hingegen müsse man «ein Mass» finden.

Artikel: http://www.vaterland.li/regional/ostschweiz/kreislaufwirtschaft-toggenburg-soll-modellregion-werden-art-623498

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