Nieten und Treffer im Schweizer Curling
Der Curling-Weltverband WCF führte 1975 die Junioren-WM und 1988 die Juniorinnen-WM ein. Beide Wettkämpfe werden jeweils in derselben Woche an demselben Ort durchgeführt. Wie bei den Grossen ist Kanada auch im Nachwuchs die stärkste Nation. Dennoch sind für die Schweiz bis heute sieben WM-Titel abgefallen, fünf bei den Junioren, zwei bei den Juniorinnen.
Was haben die weltbesten Nachwuchs-Skips aus ihren Erfolgen gemacht? Grössere Unterschiede könnten die Resultate nicht aufzeigen. Der Basler Stefan Traub und der Langenthaler Stefan Heilmann, Junioren-Weltmeister der Jahre 1990 respektive 1992, brachten es später nie in die erweiterte Weltspitze - und auch nicht als Schweizer Vertreter an eine EM oder eine WM. Traubs Name steht in den Statistiken als jener des Ersatzmanns in der Basler Formation von Bernhard Werthemann, der in der Saison 2003/04 EM und WM spielte. Das ist alles. Weltweit gibt es etliche Beispiele von Junioren-Weltmeistern, die nie emporkamen und schliesslich in der Versenkung verschwanden. Selbst in der Curling-Grossmacht Kanada kam längst nicht jeder gross heraus. Charley Thomas, der ab 2006 dreimal in Folge den WM-Titel im Nachwuchs gewonnen hatte, konnte sich nie in der nationalen Spitze festsetzen.
Nach zwei Nieten zog Swiss Curling mit dem Junioren-Weltmeister von 1997 den ersten Treffer. Ralph Stöckli, der heutige Direktor und Chef de Mission von Swiss Olympic, veränderte seine St. Galler Crew mehrmals, bis er 2003 ganz oben anlangte. Die Verpflichtung von Olympiasieger Patrick Hürlimann als Coach tat ein übriges. Als er 2010 schon mit 34 Jahren zurücktrat, hatte Stöckli unter anderem WM-Silber, EM-Gold und Olympia-Bronze im Palmares. Viel mehr ist in der breit und stark gewordenen Konkurrenz nicht zu holen.
Gerade als Stöckli aufhörte, liessen sich die jungen Genfer um Skip Peter De Cruz als Junioren-Weltmeister feiern. Drei der vier Spieler von damals sind heute noch in der Stammformation. An den Europameisterschaften in St. Gallen sind sie in dieser Woche auf dem besten Weg, in ihrer fünften grossen Meisterschaft (WM, EM) die fünfte Medaille zu gewinnen. Ihr Coach Claudio Pescia, einst Stöcklis Mitstreiter, konnte in den letzten sechs Jahren verfolgen, wie sich das Team entwickelt und kontinuierlich verbessert hat. "Für ein junges Team ist es am wichtigsten, dass es betreut und geführt wird", sagt Pescia. Zur Entwicklung gehört, dass sich die Jungen nach den Erfolgen im Nachwuchs nicht schon sicher fühlen und früh hohe Ziele setzen.
Trainingsfleiss, Fitness, Biss und eine reiche Spielpraxis sind unabdingbar für jedes Team, das an die Weltspitze stossen und Olympische Spiele bestreiten will. Eine wichtige Qualität ist die Beharrlichkeit. Im Schweizer Curling gibt es kein besseres Beispiel für sich auszahlende Beharrlichkeit als Silvana Tirinzoni. Die Zürcherin war 19 Jahre alt, als sie 1999 in Schweden Weltmeisterin bei den Juniorinnen wurde. Sie musste doppelt so alt werden, um nach zahlreichen Rückschlägen, Enttäuschungen und knapp verpassten Qualifikationen hier und jetzt in St. Gallen ihre erste EM-Medaille anzuvisieren und sich zugleich auf den Olympia-Auftritt im Februar vorzubereiten.
Die zweite Schweizer Junioren-Weltmeisterin konnte die eigenen Erwartungen und die Erwartungen von aussen nicht erfüllen. Das Team der Bielerin Tanja Grivel löste sich schon wenige Jahre nach dem WM-Titel von 2005 auf.
Offen ist, was aus dem letzten Schweizer Nachwuchs-Weltmeister wird. Yannick Schwaller, der Sohn des Olympia-Dritten Christof Schwaller, besiegte mit seinem Berner Team 2014 im Final der Junioren-WM den Schotten Kyle Smith. Die beiden Kontrahenten sind bis heute sehr unterschiedlich weit vorangekommen. Während Smith in dieser Woche um eine EM-Medaille spielt und vom schottischen Verband zum Olympia-Teilnehmer bestimmt wurde, kämpft Schwaller noch um den Anschluss an die besten Teams der Schweiz. Ob Niete oder Treffer - es wird sich erst in ein paar Jahren weisen. (sda)
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