Überraschung bei der Parlamentswahl im Irak
Für Sadr wäre das Ergebnis ein Comeback - al-Abadi droht damit aber eine empfindliche Niederlage. Aus Kreisen der Wahlkommission und der Sicherheitsbehörden war zunächst verlautet, dass Abadi bei der ersten Parlamentswahl nach dem Sieg über die Extremistenmiliz IS vorne liegt. Der Anführer der wichtigsten Schiiten-Miliz im Land, Hadi al-Amiri, kommt auf den zweiten Platz. Nuri al-Maliki, der als grosser Rivale Abadis galt, scheint abgeschlagen.
Die offiziellen Ergebnisse sollen am heutigen Montag bekanntgegeben werden. Da die Auszählung von noch acht der insgesamt 18 Provinzen fehlt, kann sich das Ergebnis allerdings auch noch ändern.
Auf den Strassen von Bagdad feierten die Anhänger von Sadr aber bereits. Sie sangen, tanzten und zündeten Feuerwerkskörper während sie Bilder von Sadr hoch hielten und iranische Flaggen schwenkten. Sollte sich die Tendenz bestätigen, hätte Sadr ein überraschendes Comeback geschafft. Der Kleriker führte von 2003 bis 2011 einen Aufstand gegen die US-Truppen im Land.
Sadr hat seine Anhänger unter den jungen Irakern, den Armen und Hoffnungslosen. Er hält Abstand zur Führung in Teheran und hat ein Bündnis mit Kommunisten und anderen weltlichen Anhängern gebildet, die seine Proteste gegen die Regierung 2016 unterstützten. Sadr verlangte von Bagdad damals, endlich gegen die grassierende Korruption vorzugehen. Sadrs Popularität gründet stark auf seinem Vater, dem angesehenen Grossajatollah Mohammed Sadek al-Sadr, der 1999 wegen seines Widerstands gegen Saddam Hussein ermordet wurde.
Sowohl Sadr als auch Amiri gewannen bisher in jeweils vier der ausgezählten zehn Provinzen. Allerdings vereinte Sadr in Bagdad weitaus mehr Stimmen auf sich. Der Hauptstadt kommt wegen der höchsten im Parlament zu vergebenen Sitze eine besondere Rolle zu. Die Auszählung der Provinz Ninewe mit der zweithöchsten Zahl an Sitzen steht noch aus.
Schwierige Aufgaben
Zu der Sitzverteilung äusserte sich die unabhängige Wahlkommission nicht. Die Wahlbeteiligung fiel mit 44,5 Prozent deutlich geringer aus als bei früheren Abstimmungen. Binnen 90 Tagen muss der Wahlsieger eine Regierung gebildet werden.
Wer auch immer die Wahl im Irak gewinnt, wird sich mit den Konsequenzen des Ausstiegs der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran befassen müssen. Dies dürfte die ohnehin fragile Region weiter destabilisieren, in der der Iran als Schutzmacht der Schiiten und Saudi-Arabien als Schutzmacht der Sunniten um die Vorherrschaft ringen.
Eine wichtige Aufgabe des neuen Regierungschefs wird es auch sein, die Volksgruppen der Sunniten, Schiiten und Kurden angemessen an der Macht zu beteiligen und die Einheit des Landes zu wahren. Die Mehrheit der Iraker bekennen sich zum schiitischen Islam. Das Land wurde mit Saddam Hussein aber Jahrzehnte lang von einem Sunniten beherrscht, der brutal gegen Schiiten und Kurden vorging. (sda/reu/dpa/afp)
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