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Smørrebrøds statt Laugenbrötchen

Das Attentat in Norwegen hat auch Isabella Wohlwend sehr betroffen gemacht. Die Vaduzerin wohnt in Kopenhagen und hat eine gute Freundin in Norwegen. Vor allem als Einwandererin macht sie sich über dieses Massaker Gedanken.

Kopenhagen/Vaduz. – «Die beiden Länder Dänemark und Norwegen sind stark miteinander verbunden», erzählt Isabella Wohlwend. «Viele Dänen haben Freunde in Norwegen.» Dementsprechend gross seien auch die Anteilnahme und das Mitgefühl Dänemarks für all die Opfer des Massakers auf der norwegischen Insel Utöya und deren Hinterbliebene. «Ich war total schockiert, als ich davon gehört habe», sagt die 26-Jährige. «Die wachsende Intoleranz gegenüber Ausländern gibt einem als Einwandererin kein gutes Gefühl.» Isabella Wohlwend möchte aber auch nicht dramatisieren – um deswegen ihrer neuen Heimat den Rücken zu kehren, daran denkt sie nicht. «Dafür liebe ich Kopenhagen zu sehr.»

Wohnung in Nørrebro

Isabella Wohlwend studierte von 2005 bis 2008 in Kopenhagen Business Studys und Kommunikation. Nach ihrem Masterstudium in Amsterdam zog es die quierlige Vaduzerin wieder zurück nach Kopenhagen. Dort lebt sie mit ihrem dänischen Freund in Nørrebro, einem Stadtteil der dänischen Hauptstadt Kopenhagen. Derzeit besucht sie die Schule, um perfekt Dänisch zu lernen. «Ich bin nun im letzten Level und wenn alles gut geht, bekomme ich im Herbst meine Auszeichnung», freut sie sich. Danach macht sich die 26-Jährige in Kopenhagen auf Stellensuche. Am liebsten würde sie im Marketing-Bereich arbeiten.

Ein «Trüble» in Kopenhagen

Neben der Schule arbeitet Isabella Wohlwend zusätzlich auf ihrem alten Studienjob: Catering. An den Wochenenden aber, dann geniesst sie Kopenhagen: «Am Freitag ist es üblich, zusammen mit den Schul- oder Bürokollegen ein Feierabendbier zu trinken, um das Wochenende einzuläuten», erzählt sie. Am Samstag sei das Brunchen in der dänischen Hauptstadt sehr beliebt – «besonders schön ist es, wenn man draussen sitzen kann.» Am Sonntag fahre sie oft mit dem Fahrrad ans Meer, um dort die Seele baumeln zu lassen. «Oder ich verabrede mich in den schönen Parks, gehe ins Kino oder besuche ein Festival.» An den Abenden zieht es Isabella Wohlwend oft in sogenannte Bodegas: «Das sind so richtige Dorfknellen wie es einst das ‹Trüble› in Schaan mal war.» Dort trifft sich die 26-Jährige zu gemütlichen Gesprächen – und zu Würfelspielen. «Diese sind in Kopenhagen sehr populär.»

Keine Langeweile, kein Stress

Isabella Wohlwend knüpfte in Kopenhagen schnell Kontakte. «Alleine durch die Uni habe ich viele Menschen kennengelernt.» Ansonsten sei es gar nicht so einfach, sich den Dänen anzunähern – «sie sind eher kühl», findet die Vaduzerin. «Wenn man aber einmal mit ihnen befreundet ist, dann sehr eng.» Oberflächliche Freundschaften gebe es unter Dänen kaum.
«Kopenhagen ist sehr überschaubar – das gefällt mir an der Stadt», sagt die Auswandererin. Rund um die Uhr gebe es verschiedenste Angebote. «Hier wird einem nie langweilig.» Die Menschen wirkten nie gestresst. «Das liegt vielleicht auch daran, dass eine Arbeitswoche nur 37 Stunden hat», glaubt Isabella Wohlwend. Das sind mindestens vier Stunden weniger als hierzulande gearbeitet wird. Ausserdem schätze sie an den Dänen ihre Toleranz: «Dass in Liechtenstein beispielsweise lange über die Eintragung von homosexuellen Partnerschaften diskutiert wurde, darüber können die Menschen in Kopenhagen nur lachen.» Auch dass Frauen mit Kindern Teilzeit arbeiten gehen, sei in Dänemark eine Normalität.

Lieber in der Stadt

Nur etwas vermisst die Vaduzerin in Kopenhagen: «Wenn man in Liechtenstein ausgeht, egal wohin, dann kennt man so gut wie alle», sagt sie. «Das ist vielleicht nervig, wenn man in Liechtenstein wohnt – wenn man aber nur zu Besuch kommt, ist dies sehr schön.» Auch das Essen sei nicht so wie zu Hause: «Laugenbrötchen gibts beispielsweise keine.» Dafür umso mehr Smørrebrøds, wie in Dänemark ein oft fantasievoll belegtes Butterbrot bezeichnet wird.
Trotzdem: Isabella Wohlwend bleibt ihrer neuen Heimat vorerst treu. «Ich kann mir höchstens vorstellen, in ein paar Jahren nach Zürich zu ziehen.» Liechtenstein komme für sie zurzeit überhaupt nicht infrage. «Ich bin lieber in der Stadt, ansonsten bekomme ich den Koller.» Das Geschehen in Liechtenstein verfolgt sie aber immer noch fleissig: «Die Zeitungen lese ich übers Internet und von meinen Eltern und Freunden werde ich über Skype auf dem Laufenden gehalten.» Nur etwas stört sie: «Dass ich in Liechtenstein nicht mehr abstimmen kann.» Dies sei ihr gar nicht so bewusst gewesen, als sie sich ihr Leben in Kopenhagen neu einrichtete. «Ich finde es aber nach wie vor schade.»
Wann genau Isabella Wohlwend wieder zurück nach Liechtenstein kommt, weiss sie noch nicht so genau – «aber sicherlich bald wieder einmal.» Schliesslich habe sie ihre Heimat nicht verlassen, weil ihr Liechtenstein nicht gefalle – «sondern weil mir einfach auch Kopenhagen super gefällt.» Aber auch wenn sie Kopenhagen noch so sehr liebt: «Meine Familie und Freunde in meiner Heimat zu besuchen, ist schon das superschönste Gefühl.» (bfs)

Goodbye Liechtenstein: Dossier zur «Vaterland»-Serie

 

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