­
­
­
­

«Das Heimatgefühl bleibt immer»

Als Reiseberaterin hat Gerda da Costa-Heeb viel von der Welt gesehen. Die Ruggellerin zog es aber immer wieder an einen Ort zurück: Nach Kalifornien. Dort lebt die Auswanderin seit bereits 58 Jahren.

Irvine/Ruggell. – Gerda da Costa-Heeb schaut zum Stubenfenster ihrer Schwester hinaus – sie rümpft die Nase: «Was für ein scheussliches nass-kaltes Wetter», sagt sie. «Bei mir zu Hause hat es derzeit 24 Grad Celsius», sagt sie wehmütig. Wenn sie von ihrem Zuhause spricht, meint sie ihr Haus in Irvine, Kalifornien. Vor 58 Jahren ist sie in den «Goldenen Staat» ausgewandert. «Eigentlich wollte ich nur für ein, zwei Jahre bleiben und Englisch lernen», erzählt sie. Dann hat es ihr aber so gut gefallen, dass schliesslich sechs Jahre daraus wurden. Sie jobbte erst in einem Kaufhaus in L.A. und arbeitete sich später als Einkäuferin hoch. Im Sommer 1960 kehrte sie dann aber wieder nach Liechtenstein in ihre Heimatgemeinde Ruggell zurück. Allerdings hielt es die damals 24-Jährige im Ländle nicht lange aus: Bereits nach vier Monaten packte sie wieder ihre Koffer und setzte sich in den Flieger Richtung Kalifornien. «Als es in Liechtenstein November wurde, wurde es mir definitiv zu kalt», sagt sie. Ihre Mutter war über ihre Abreise weniger erfreut – vielleicht ahnte sie, dass aus ihrer Tochter eine Auswanderin wird. Ihr Vater hingegen hatte Verständnis – weil er Verwandte in Amerika hatte, reiste er damals selbst schon in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

Selbstständige Reiseberaterin

Fürs Erste kehrte Gerda da Costa-Heeb nach Los Angeles zurück und stieg wieder in ihren Job als Einkäuferin ein. Nach ein paar Jahren wechselte sie in ein Reisebüro und machte sich später als Reiseberaterin selbstständig. 16 Jahre führte sie ihr eigenes Reisebüro und insgesamt 46 Jahre lang stellte sie Reisepläne für grosse Firmen zusammen. «Dabei spezialisierte ich mich auf Afrika-Reisen.» Mindestens zwölf Mal war sie selbst in Afrika, aber auch in verschiedensten Länder in Europa wie auch im Orient, um sich Hotels und Nationalparks anzuschauen. Das eigene Reisebüro forderte sie heraus: «Zeitweise habe ich Tag und Nacht gearbeitet», sagt sie. Dennoch: «Schön wars!» Vor drei Jahren ging Gerda da Costa-Heeb mit 72 Jahren in Pension.
Durch ihre Tätigkeit als Reiseberaterin konnte sie die grosse weite Welt entdecken und viele Kulturen kennenlernen – «es zog mich aber immer wieder nach Kalifornien.» Ein Hauptgrund dafür sei das Klima. Denn auch im Winter werde es in Kalifornien nicht wirklich kalt. Ein weiterer Grund war, dass damals die Frauen in in dem «Goldenen Staat» viele Freiheiten hatten. Nicht zu vergleichen mit Liechtenstein in den 50er-, 60er-Jahren. Hierzulande wäre es Gerda da Costa-Heeb wahrscheinlich kaum gelungen, als Frau ein eigenes Geschäft aufzubauen.

Spaziergänge und Yoga

Nach 25 Jahren in L.A. und Beverly Hills zog Gerda da Costa-Heeb nach Orange County Lake Forest und später in die Studentenstadt Irvine, wo sie heute alleine in einem Haus lebt. Zehn Kilometer von ihrer Haustüre entfernt liegt der Strand. «Früher ging ich oft baden – heute ziehe ich ausgedehnte Strandspaziergänge vor.» Den Alltag gestaltet die 75-jährige Pensionistin vielseitig: Täglich geht sie früh- morgens spazieren, regelmässig macht sie Yoga. Ausserdem ist sie in einem Bücher- und in einem Laufclub. Sie arbeitet gerne in ihrem Garten vor dem Haus – besonders stolz ist sie auf ihren Orangenbaum, der dieses Jahr so viele Orangen wie noch in keinem Jahr zuvor trug. Und Gerda da Costa-Heeb kocht gerne für ihre Bekannten. «Es leben derzeit vier Liechtensteiner in meiner Gegend. Wenn sie auf Besuch kommen, koche ich oft Käsknöpfle oder einen Gulasch», erzählt sie. Und wenn sie nicht gerade kocht, spaziert oder liest, fährt Gerda da Costa-Heeb Frauen aus der Umgebung, die auf Hilfe angewiesen sind, zum Arzt. Wo sie kann hilft die aufgestellte Frau gerne.

Die 75-Jährige liebt es, wenn viel los ist. «Das hält einen jung», sagt sie. Damit hat sie offenbar recht: Das Alter würde man ihr nie ansehen. Hinzu kommt ihr Strahlen im Gesicht – Gerda da Costa-Heeb sprüht vor Lebensfreude. Und strotzt vor Energie: Ihr nächstes Projekt wird sein, dass sie sich im Kinderspital für Freiwilligenarbeit einsetzt. «Ich möchte beispielsweise den Kindern abends Geschichten und Märchen aus Büchern vorlesen.» Angemeldet ist sie bereits – nun wartet sie noch, bis das Kinderspital grünes Licht gibt.

14 Enkelkinder

Zwar mag Gerda da Costa-Heeb die Kälte überhaupt nicht. Im Dezember ist sie aber wieder einmal auf Heimatbesuch gekommen. Viel habe sie bei diesem scheusslichen Wetter mit ihrer Schwester nicht unternehmen können. «Trotz Wind und Wetter sind wir aber jeden Tag spazieren gegangen», sagt sie. Und sie habe ihre 88-jährige Tante in Mauren und ihre 96-jährige Tante in Österreich besucht. «Es ist immer wieder schön, Zeit mit meinen Verwandten und Bekannten zu verbringen.» Sie freue sich aber auch auf ihr Zuhause in Irvine – allem voran auf die wärmeren Temperaturen. Nur ihre Schwester, Tanten und weiteren Verwandten und Bekannten wird sie, ein paar Tausend Kilometer entfernt, vermissen. «Und ganz fest auch die 14 Enkelkinder meiner Schwester.» Weil Gerda da Costa-Heeb keine eigenen Kinder hat, verwöhnt sie diese umso mehr.
Die 75-Jährige ist sich sicher, bald wieder nach Liechtenstein auf Besuch zu kommen. «Wenn ich das nötige Geld dazu hätte, würde ich den Sommer über in Liechtenstein leben und den Rest des Jahres in Kalifornien verbringen», sagt sie. Denn auch wenn sie sich in Irvine wohlfühlt – «ich bin und bleibe zu 100 Prozent eine Liechtensteinerin.» Das Heimatgefühl bleibe immer – egal, wie weit und wie lange man von Zuhause weg lebt. (bfs)

 

Schlagwörter

Lädt

Schlagwort zu Meine Themen

Zum Hinzufügen bitte einloggen:

Anmelden

Schlagwort zu Meine Themen

Hinzufügen

Sie haben bereits 15 Themen gewählt

Bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits

Entfernen

Um «Meine Themen» nutzen zu können, stimmen Sie der Datenspeicherung hierfür zu.

Ähnliche Artikel

Porträt
Um den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie zu verdienen, arbeitet Honorinda Maldonada de Malin bei einer Reinigungsfirma. In ihrer Freizeit kocht sie gerne für die Familie.
09.09.2023
Abo
Der Rettungseinsatz zum Aprilscherz könnte in einer kostspieligen Angelegenheit enden.
03.04.2024
Abklärungen bezüglich Einsatzkosten
Patrouillen der Landespolizei und der Rettungsdienst waren am 1. April längere Zeit im Einsatz, weil sich eine Frau einen schlechten Aprilscherz mit ihrer Tochter erlaubt hatte.
02.04.2024
Wettbewerb
2 x 2 Eintritte zur «20 Jahre Weinbauverein Schaan» Veranstaltung ...
Weinbauverein Schaan
Umfrage der Woche
Haben Sie den Eindruck, dass Liechtenstein unsicherer geworden ist?
­
­