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Andy Minder: «Anpacken, wenn andere noch reden»

Andy Minder führt seit rund einem Jahr das Bauunternehmen Wilhelm Büchel AG mit Standorten in Bendern und Buchs. Der 44-Jährige behält beruflich alle Details im Auge, auch wenn er privat durchaus auch aus dem Rahmen fallen kann. «Ich bin aber kein Protz und falle auch nicht gerne auf», sagt Andy Minder.

Herr Minder, Sie sagen über sich selbst, dass der Job der Mittelpunkt Ihres Lebens ist. Warum ist das so?

Andy Minder: Ich bin ein Unternehmer- und Machertyp. Wenn ich etwas bewegen kann und den Erfolg sehe, dann empfinde ich Befriedigung. Ich war von klein auf nie jemand, der ruhig sitzen konnte. Ich habe mich früh in Vereinen engagiert, ich musste früh arbeiten, um selber Geld zu verdienen und habe beruflich früh Führungsrollen übernommen. Ich denke, das ist charakterlich verwurzelt.

Geht das auf Kosten des Privatlebens?

Die Familie kommt sicher nicht zu kurz. Ich wende zwar schon relativ viel Zeit für das Geschäft und meinen Beruf auf. Ich habe aber eine sehr verständnisvolle Frau. Sie ist zum zweiten Mal verheiratet und war vorher schon mit einem Unternehmer zusammen. Ich versuche aber immer, Anlässe beruflicher Natur mit dem Privatleben zu verbinden, meine Frau mitzunehmen oder Anlässe im privaten Rahmen zu verpacken.

Glauben Sie, dass Sie diese Gewichtung irgendwann einmal bereuen werden?

Nein, das glaube ich nicht. Mein Beruf steht an erster Stelle aufgrund der Position, die ich angenommen habe. Wenn ich eine Aufgabe übernehme, dann nehme ich sie auch ernst. Ich habe nicht sehr viele Hobbys. Wenn ich also daheim bin, dann bin ich ganz und gar bei meiner Frau. Ich habe keine Kinder, das macht das Ganze ein bisschen einfacher. Es war zwar ein Thema, meine Frau hat aber bereits drei erwachsene Kinder und wir haben dann abgewogen: Wenn ich Kinder habe, dann will ich auch Zeit für sie haben; dann müsste ich aber auch einen anderen Job machen.

Ihr Glück finden Sie also in der Arbeit?

Nicht nur. Es gibt noch vieles andere. Ich habe keinen grossen Freundeskreis, aber den pflege ich sehr gut und intensiv. Ich geniesse gerne gutes Essen und guten Wein, reise gerne und schaffe so den Ausgleich zu meinem Job. Aber ich bin überzeugt: Wer mit der Seele nicht dabei ist, hat keinen Beruf, sondern nur eine Beschäftigung.

Haben Sie diese Einstellung von Ihrem Elternhaus mitbekommen?

Ja. Sicher von meiner Mutter. Sie kommt aus einer Bauernfamilie und ist wirklich fleissig wie «as Bienle» und sehr arbeitsbezogen. Von meinem Vater wahrscheinlich weniger. Meine Eltern haben sich relativ früh scheiden lassen. Ich war das älteste von drei Kindern und habe damals als Kind schon Verantwortung übernommen.

Sie sind Geschäftsführer der Büchel-Gruppe. Das Bauunternehmen besitzt eine relativ hohe Wertschöpfungskette. Wie gross ist Ihr Verdienst daran?

Das Unternehmen ist sehr schnell gewachsen und war dadurch etwas destrukturiert. Meine primäre Aufgabe war es, eine klare Hierarchie und ein klares Organigramm zu schaffen. Das habe ich sehr schnell umgesetzt und das ist sicher mein Verdienst. Wir haben heute viel mehr Struktur als vor einem Jahr, als ich zum Unternehmen gekommen bin. Früher hat jeder einfach irgendwie gewirkt. Es hat funktioniert, weil jeder sein Bestes dazu beigetragen hat. Aber niemand hat geschaut, dass diese Fäden strukturiert vernetzt werden. Wir sind heute noch immer in einer Phase der Strukturierung und Konsolidierung.

Die Büchel-Gruppe lebt relativ stark von Aufträgen der öffentlichen Hand. Wie hat sich der allgemeine Sparkurs auf die Baubranche ausgewirkt?

Wir haben sicher gemerkt, dass weniger investiert wird, entsprechend drückt es natürlich sofort auf den Angebotspreis. Wir haben diese Entwicklung mit unseren verschiedenen Sparten abfedern können, indem verlagert wurde in den privaten Wohnungsbau und den Gartenbau, aber auch in Eigenbauten. Das sind die Puffer, die ein grosses Unternehmen schaffen kann. Der Sparkurs kann aber nicht ewig anhalten, der Unterhalt der öffentlichen Infrastruktur, von Strassen, Kanalisation und Werkleitungen muss kontinuierlich laufen, und der ist auch finanziert.

Wie sehen Sie die Zukunft der Bau­branche?

Der Baumarkt wird in dieser Region Veränderungen erleben. Grössere, gut aufgestellte Unternehmen werden noch grösser. Es gibt heute viele kleine und mittelständische Betriebe, die zum Beispiel ein Nachfolgeproblem haben, die liquidieren werden oder verkaufen. Grössere Unternehmen ? wie wir eines sind ? haben dadurch die Gelegenheit, durch Übernahmen zu wachsen. Der Bauboom generell wird sicher nachlassen. Es wird eine gewisse Sättigung geben und die Nachfrage nimmt ab, aber auch Baulandreserven werden knapper.

Sie lieben vor allem Kurztrips, damit Sie nicht zu lange aus dem Betrieb weg sind. Können Sie auch mal guten Gewissens länger wegfahren?

Das kommt durchaus vor, dass ich auch mal zwei Wochen wegfahre. Ich bin für Notfälle aber immer erreichbar und bin in solchen Fällen auch froh, wenn ich eine Entscheidung treffen kann, anstatt dass nur gewurschtelt wird. Ich habe aber keine Mühe abzuschalten und auch nie das Gefühl, überfordert zu sein. Grundsätzlich bin ich einfach immer da, habe immer ein offenes Ohr für meine Mitarbeiter, sie respektieren aber auch meine Freizeit.

Also geht es auch mal ohne Sie?

Ich sehe mich nicht als unentbehrlich. Jeder ist ersetzbar ? überall. Ich bin ein Mann der Front. Wir haben eine sehr flache Hierarchie, ich sitze nicht auf einem hohen Thron. Ich versuche, aus allen Mitarbeitern selbst Unternehmer zu machen. Ich bin auch ein extremer Gefühlsmensch und reagiere empfindlich auf Schwingungen meiner Mitarbeiter. Ich lebe vor, was ich auch predige ? nach dem Motto «Man ist, was man tut, nicht das, was man sagt». Ich will anpacken, wenn andere erst mal reden.

Sie nehmen Ihre Sache sehr genau. Können Sie auch pingelig sein?

Ich bin sehr pingelig. Ich bin ein sehr detailverliebter Mensch. Ich bin jetzt im siebzehnten Jahr als Geschäftsführer tätig ? praktisch als «Troubleshooter». Ich habe immer wieder Betriebe, die in irgendwelchen Schwierigkeiten waren, zurück an den Markt geführt. Das ist meine Passion ? zu sehen, wo der Hund begraben liegt, und dann zu analysieren, wie man die Probleme lösen kann. Und das geht nur, wenn Sie detailverliebt sind. Ich habe ein ge­naues Auge, weil ich ursprünglich Zeichner gelernt habe. Es hat schon Mitarbeiter gegeben, die fast verzweifelt sind an meinem Perfektionismus, aber die im Endeffekt gesagt haben, sie hätten noch nie so eine gute Lebensschule gehabt. Mir ist es wichtig, dass Leute ihre Sache von Anfang an richtig machen und nicht nur einfach machen, oberflächlich.

Wir sitzen hier im Konferenzraum. Wie sieht denn Ihr Schreibtisch aus?

Das kommt auf die Tageszeit an. Es kann sein, dass ich verschiedene Sachen gleichzeitig auf dem Tisch habe und es aussieht wie in einem Verlag. In der Regel ist aber am Abend alles abgelegt und strukturiert. Am liebsten habe ich einen weissen Tisch.

Sind Sie ein «Tüpflischisser»?

Nein, ich bin kein Tüpflischisser (lacht). Ich bin einer, der es gerne genau nimmt. Ich kann aber auch mal fünfe gerade sein lassen. Ich habe das in den letzten Jahren gelernt. Hätten Sie mich das vor zehn Jahren gefragt, hätte ich wahrscheinlich mit Ja antworten müssen. Ich musste in diesem Punkt an mir selber arbeiten. Die Erfahrung hat mich gelehrt, meine Ansprüche etwas zurückzuschrauben.

Gibt es auch mal Tage, an denen Sie sagen, heute ist alles egal?

Ja, das gibt es sicher auch. In bin gern auf Reisen, ich bin gern in München im Fussballstadion und ich habe Freunde in der Stadt. Es gibt auch Wochenenden ? wahrscheinlich mehr als solche, an denen ich unterwegs bin ?, an denen ich von Freitagabend bis Montagmorgen im Trainer herumlaufe und keinen strukturierten Tag habe, auch mal Dinge rumliegen lasse, in den Tag hinein lebe. Dann gibt es auch Situationen, in denen ich aus meiner Struktur und Ernsthaftigkeit des Lebens ausbreche und einfach nur Blödsinn mache oder meine Frau nachäffe ? bis meine Frau dann sagt «Benimm dich nicht wie ein Kind, du bist ein erwachsener Mann, im Geschäft bist du auch ein Chef».

Fallen Sie auch beruflich manchmal aus dem Rahmen?

Ich überzeichne Sachen sehr gern und nutze eine bildliche Sprache, damit die Menschen verstehen, was ich sagen will. Ich habe zum Beispiel gerade das Konzept für die Beschriftung der Fahrzeugflotte entworfen. Dabei geht es einfach darum aufzufallen und anders zu sein als alle anderen, zu polarisieren und aus der Reihe zu tanzen.

Tanzen Sie privat auch mal aus der Reihe und wollen auffallen?

Das bezieht sich schon eher auf den Beruf. Ich bin kein Protz, ich falle nicht gerne auf. Ich bin ein konzentrierter und überlegter Mensch, der gerne geniesst. Ich trinke gern guten Wein, habe eine schöne Whiskysammlung und rauche gern mal eine Zigarre. Nach einem strengen Arbeitstag oder einem schiefgelaufenen Tag, an dem man nur Ärger hatte, hocke ich bei mir daheim sin den Garten, schaue auf St.?Luzisteig hinauf, über den Falknis zu den Drei Schwestern, trinke ein Glas Whisky und rauche eine Zigarre. Nach einer Stunde bin ich wieder aufgeräumt. (Interview: dws)

 
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