Streit wegen Überwachung im Fall Rupperswil
Im Zuge der Ermittlungen des grausamen Verbrechens vom 21. Dezember 2015 verlangte die Aargauer Staatsanwaltschaft vom Dienst Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr (ÜPF) des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements insgesamt viermal Daten von Mobiltelefonen von vier Anbietern.
Nachdem der Dienst ÜPF kurz nach der ersten Auftragserteilung eine Rechnung in Höhe von mindestens 500'000 Franken in Aussicht gestellt hatte, ging das Seilziehen zwischen der Staatsanwaltschaft und der Bundesstelle los. Die Aargauer Staatsanwaltschaft brachte in mehreren Schreiben ihren Missmut über die Höhe der Rechnungen zum Ausdruck.
Der Dienst ÜPF beharrte auf den in Rechnung gestellten Gesamtbetrag in Höhe von 816'000 Franken und erliess Ende Juli 2016 eine entsprechende Verfügung. Dagegen legte die Aargauer Staatsanwaltschaft beim Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde ein.
Datenerhebung ist nicht gratis
Auf den völligen Erlass der Gebühren, wie sie die Aargauer Staatsanwaltschaft in ihrem Hauptantrag forderte, ging das Bundesverwaltungsgericht nicht ein. Dies könne nur für Dienstleistungen der zentralen und dezentralen Bundesverwaltung in Betracht gezogen werden.
Der beantragte Antennensuchlauf hingegen sei Sache der Telefongesellschaften gewesen, schreibt das Bundesverwaltungsgericht. Dafür betrage die Gebühr 600 Franken pro Mobiltelefon. Allerdings stellte der Dienst ÜPF der Aargauer Staatsanwaltschaft nicht 600, sondern 2400 Franken pro Telefon in Rechnung.
Der Dienst ÜPF stellte sich nämlich auf den Standpunkt, dass die 600 Franken nur für die Überwachung eines Zeitraumes von zwei Stunden gelten würden. Deshalb wurde für den siebenstündigen Antennensuchlauf 2400 Franken in Rechnung gestellt. In diesem Punkt trug die Staatsanwaltschaft einen Sieg davon. Das Bundesverwaltungsgericht setzte die Gebühr auch für sieben Stunden auf 600 Franken fest.
Ein weiterer Streitpunkt bestand darin, dass vier Mobiltelefone über die Netze zweier Anbieter liefen. Hier bekam der Dienst ÜPF Recht, der beiden Anbietern für ihre Arbeit eine Gebühr von je 600 Franken für die Überwachung zusagte.
Variable Kosten untersuchen
Das Bundesgericht legte als Entschädigung für die Überwachung von 170 Mobiltelefonen eine Summe von 102'000 Franken fest. Der Dienst ÜPF muss allerdings in einer zweiten Runde die Höhe der variablen Kosten der Telefoniegesellschaften festlegen und erst dann entscheiden, ob die 102'000 Franken angemessen sind oder noch mehr reduziert werden müssen.
Die vom Bundesverwaltungsgericht vorläufig festgelegte Entschädigung in Höhe von 102'000 Franken betrifft allerdings nur die Daten der traditionellen Telekommunikationsnetze, der sogenannten leitungsvermittelnden Fernmeldedienste (CS-Daten).
Die Gebühren für die Daten der paketvermittelten Fernmeldedienste, der Datenübertragung in Rechnernetzen (PS-Daten), dürfen laut Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht mit 600 Franken pro Telefon in Rechnung gestellt werden, sondern sind nach Aufwand zu berechnen. Auch hier muss der Dienst ÜPF noch einmal über die Bücher.
Die Aargauer Staatsanwaltschaft muss zwar Verfahrenskosten in Höhe von 3125 Franken bezahlen, erhält aber von den Bundesstellen eine Parteienentschädigung in Höhe von 22'000 Franken, sobald das Urteil rechtskräftig wird. Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts kann allerdings beim Bundesgericht angefochten werden.
Prozess im kommenden März
Nach dem Mord an einer Frau, an ihren beiden Söhnen und an der Freundin eines der beiden Söhne tappten die Aargauer Ermittlungsbehörden während längerer Zeit im Dunkeln. Knapp ein halbes Jahr nach der Tat konnte der Täter festgenommen werden.
Wie Polizei und Staatsanwaltschaft dem in der Nähe wohnenden Mörder auf die Schliche kamen und ob die Telefoniedaten dabei eine Rolle spielten, wurde nie kommuniziert. Der Prozess gegen den Mann findet Mitte März nächsten Jahres statt. (sda)
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