Wuchtiges Nein zu No-Billag
Rund 2'098'100 Personen stimmten am Sonntag Nein, 833'600 Personen nahmen die Initiative an. In der Romandie wurde das Volksbegehren am deutlichsten abgelehnt. Den höchsten Nein-Stimmen-Anteil verzeichnete der Kanton Neuenburg mit 78,3 Prozent, gefolgt von den Kantonen Jura (78,1), Freiburg (77,6), Graubünden (77,2) und Waadt (76,5).
Die höchste Zustimmung meldete der Kanton Schwyz. Auch dort lehnten aber 62,4 Prozent der Stimmenden die Initiative ab. Im Kanton Schaffhausen waren es 62,7 Prozent.
Heftiger Abstimmungskampf
Ein Nein hatte sich zwar abgezeichnet, doch ist das Resultat deutlicher ausgefallen als erwartet. In der letzten gfs-Umfrage gaben 65 Prozent an, die Initiative bestimmt oder eher ablehnen zu wollen, die Tamedia-Umfrage kam auf einen Nein-Stimmen-Anteil von 60 Prozent.
Zu Beginn des Abstimmungskampfes hatten die Zeichen gar auf ein mögliches Ja gedeutet. Im Dezember ergab eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Marketagent.com eine Ja-Mehrheit. Daraufhin lagen die Nerven im Abstimmungskampf blank. Die Debatte war heftig und emotional.
Starkes Bekenntnis zur SRG
Nun kann die SRG aufatmen. Das Stimmvolk hat klar gemacht, dass es weiterhin ein gebührenfinanziertes Radio und Fernsehen wünscht. Der hohe Anteil Nein-Stimmen ist ein starkes Bekenntnis zum medialen Service public. Eine Niederlage müssen die SVP und der Gewerbeverband hinnehmen, welche die Initiative unterstützt haben.
Die Initianten - Mitglieder der Jungfreisinnigen und der Jungen SVP aus dem libertären Milieu - können allerdings für sich in Anspruch nehmen, eine laute Diskussion über den medialen Service public ausgelöst zu haben. Das Volksbegehren traf den Zeitgeist: Die öffentlich-rechtlichen Sender stehen auch in anderen Ländern unter Druck.
Mehr als eine Mediendebatte
Darüber hinaus verhalfen die Initianten der in der Schweiz zuvor wenig beachteten libertären Ideologie zu Aufmerksamkeit. Das Konzept "jeder bezahlt nur, was er persönlich nutzt" gab zu reden.
Die Gegner warnten vor einer Entsolidarisierung, welche - sollte der Ansatz Schule machen - den Zusammenhalt im Land gefährden könnte. Radio- und Fernsehsendungen nützten auch jenen, die sie nicht nutzten, argumentierten die Gegner. Denn informierte Bürgerinnen und Bürger seien eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren einer Demokratie.
SRG muss trotzdem sparen
Das Stimmvolk liess sich davon offenbar überzeugen. Der Verfassungsartikel zu Radio und Fernsehen bleibt nach dem Nein vom Sonntag unverändert. Auch droht der SRG keine Liquidation. Veränderungen stehen dennoch an.
Zum einen erhält die SRG ab 2019 nur noch 1,2 Milliarden Franken aus dem Gebührentopf, 40 Millionen weniger als heute. Zum anderen kämpft sie mit rückläufigen Werbeeinnahmen. Insgesamt wollen die SRG-Verantwortlichen 100 Millionen sparen. Sie kündigten am Sonntag Reformen an.
Fortsetzung folgt
Und die Diskussion über die Höhe der Gebühren ist noch nicht zu Ende. Mit dem Wechsel zur allgemeinen Abgabe sinkt der Betrag für Haushalte 2019 von heute 451 Franken auf 365 Franken im Jahr. Bereits sind jedoch parlamentarische Vorstösse für einen tieferen Betrag angekündigt worden.
No-Billag-Gegner wiederum stellen sich auf den Standpunkt, nach dem klaren Votum dürfe nicht länger an der SRG gesägt werden. Es brauche nicht weniger, sondern einen zeitgemässen Service public, fordern sie. Aus dieser Ecke ist eine Volksinitiative zur "Medienvielfalt im digitalen Zeitalter" angekündigt worden.
Neues Mediengesetz
Die Regeln ans Internetzeitalter anpassen will auch der Bundesrat. Bis im Sommer will er den Entwurf für ein neues Mediengesetz vorlegen. Zur Diskussion steht eine direkte Medienförderung. Aus staats- und demokratiepolitischen Gründen müsse es das Ziel sein, Vielfalt und Qualität im Journalismus zu sichern, erklärte Medienministerin Doris Leuthard in einem Interview.
Der Bundesrat denke deshalb darüber nach, mit den bestehenden Mitteln künftig neben Radio und TV auch Online-Medien und die Nachrichtenagentur SDA finanziell zu unterstützen. Die Stossrichtung hatte der Bundesrat bereits in einem Bericht von 2016 vorgegeben.
Neue Konzession
Bereits begonnen hat die Vernehmlassung zur neuen SRG-Konzession, die ab 2019 gilt. Die Programme von Radio und Fernsehen SRF sollen sich stärker von jenen der Privaten abgrenzen. Zudem soll die SRG vermehrt Kooperationen mit Privaten eingehen. Mindestens die Hälfte der Empfangsgebühren soll weiterhin in die Information fliessen.
Weiter will der Bundesrat der SRG künftig zielgruppenspezifische Werbung zu erlauben. Diese Werbeform soll aber beschränkt werden. Insbesondere darf sie sich nicht an regionale Zielgruppen richten. Die Verleger kritisierten die Pläne in der Vernehmlassung zur Revision der Radio- und Fernsehverordnung dennoch.
Bei einem Ja zur No-Billag-Initiative wären die Radio- und Fernsehgebühren abgeschafft worden. Neben der SRG wären auch Privatradios, regionale Fernsehsender sowie die Schweizer Film- und Musikszene betroffen gewesen. (sda)
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