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Falciani kritisiert Schweizer Justiz

Von Reue keine Spur: Der vom Bundesgericht 2015 in Abwesenheit verurteilte Bankdaten-Spion Hervé Falciani sieht sich weiter als Whistleblower und kritisiert die Schweiz. Das Auslieferungsgesuch an Spanien zeige den "verletzten Stolz der Schweizer Justiz".
Bankdaten-Spion Hervé Falciani während eines Gerichtstermins letzte Woche in Madrid. (Archivbild)
Bankdaten-Spion Hervé Falciani während eines Gerichtstermins letzte Woche in Madrid. (Archivbild) (Bild: KEYSTONE/AP POOL EFE/EMILIO NARANJO)

"Dank mir wurden weltweit Hunderte Steuersünder verurteilt", sagte der in Spanien lebende französisch-italienische Falciani in einem Interview mit dem "Tages-Anzeiger" und der "Tribune de Genève" vom Montag. "Auf mich loszugehen, ist schlicht ein Fehler der Schweizer Justiz".

Die Verurteilung in der Schweiz hält er für lächerlich. "Mal ehrlich, selbst wenn Spanien mich nun ausliefern und ich im Gefängnis landen sollte, glauben Sie wirklich, die Schweiz würde am Schluss als Retter der Gerechtigkeit dastehen?"

Falciani sieht sich weiter als Whistleblower. "Treibende Kraft war ein Gefühl der Ungerechtigkeit. Die meisten Bankkunden sind ehrlich, aber gewisse nutzen das System aus. Dies musste einfach an die Öffentlichkeit." Falciani bestreitet den Vorwurf der Bundesanwaltschaft, dass er gestohlene Daten verkaufen wollte.

Viele Menschen würden sich ein Urteil über ihn erlauben, sagte Falciani weiter. "Aber wie viele von ihnen hätten den Mut, das zu tun, was ich gemacht habe?"

Daten von Tausenden Kunden

Falciani war bei HSBC Schweiz als Informatiker angestellt und hatte in den Jahren 2006 und 2007 Daten von rund 15'000 Kunden gestohlen und ausländischen Stellen angeboten, namentlich in Frankreich, Grossbritannien und Deutschland.

Dies löste in Frankreich, Österreich, Belgien und Argentinien im Anschluss Verfahren und Untersuchungen aus; weltweit konnten tausende Steuersünder überführt werden. Das Bundesstrafgericht verurteilte Falciani Ende 2015 wegen zu fünf Jahren Gefängnis. Freigesprochen hatte ihn das Gericht in Bellinzona vom Vorwurf der Verletzung des Bankgeheimnisses und der unbefugten Datenbeschaffung.

Entscheid über Auslieferung

Falciani lebte seither im Exil und weigerte sich, in die Schweiz zu reisen. Spaniens Oberstes Gericht verweigerte bislang die Auslieferung, da die Taten, für die er in der Schweiz verurteilt worden war, in Spanien nicht strafbar seien. Zuletzt wurde er im Frühjahr in Spanien festgenommen, anschliessend aber wieder auf freien Fuss gesetzt. In den nächsten Tagen wird ein Entscheid eines Gerichts in Madrid über sein Schicksal erwartet.

Heute lebe er bescheiden, erklärte Falciani im Interview. Er sei als Finanzberater im Bereich Kundenprüfung und Betrugsermittlung für Beratungsfirmen und Grosskonzerne tätig. "Es gibt sogar Schweizer Firmen, die mich anfragen." (sda)

 
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