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EU-Leitlinien für künftiges Handelsabkommen

Die EU bietet Grossbritannien ein weitreichendes Freihandelsabkommen nach dem Brexit an, schliesst aber einen Sonderstatus des Landes aus. Mehr sei wegen einseitiger britischer Vorgaben nicht möglich, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Mittwoch.
EU-Ratspräsident Donald Tusk hat am Mittwoch in Luxemburg die Leitlinien für die künftige Beziehung mit Grossbritannien präsentiert. Er bietet London lediglich ein Freihandelsabkommen nach dem Brexit an und schliesst einen Sonderstatus des Landes aus.
EU-Ratspräsident Donald Tusk hat am Mittwoch in Luxemburg die Leitlinien für die künftige Beziehung mit Grossbritannien präsentiert. Er bietet London lediglich ein Freihandelsabkommen nach dem Brexit an und schliesst einen Sonderstatus des Landes aus. (Bild: KEYSTONE/EPA/JULIEN WARNAND)

"Ich hoffe, es wird ehrgeizig und fortschrittlich, aber es wird nur ein Handelsabkommen sein", sagte Tusk in Luxemburg bei der Präsentation der Leitlinien für die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen mit London.

Damit erteilte er den Wünschen der britischen Premierministerin Theresa May eine Absage. Sie hatte am letzten Freitag eine beispiellose und besonders tiefe künftige Partnerschaft vorgeschlagen, mit der einzelne Branchen über besondere Vereinbarungen faktisch weiter Zugang zum EU-Binnenmarkt hätten. Im Auge dürfte sie dabei vor allen die Finanzdienstleistungsbranche haben.

Tusk betonte, dass die EU dem Vereinigten Königreich nicht die Rechte von Norwegen zubilligen könne, während es nur die Pflichten von Kanada habe. Norwegen gehört zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und zahlt für den Zugang zum Binnenmarkt in das EU-Budget ein. Mit Kanada hat die EU ein Freihandelsabkommen (Ceta), das keinen freien Zugang von kanadischen Finanzdienstleistern zum EU-Markt umfasst.

"Es dürfte das erste Freihandelsabkommen der Geschichte werden, das die wirtschaftlichen Beziehungen löst und nicht festigt", sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk mit Blick auf den von ihm ausgearbeiteten Entwurf.

Null-Zölle vorgeschlagen

Im Entwurf für die Leitlinien heisst es denn auch, dass es keine Rosinenpickerei geben könne. "Es gibt keine Möglichkeit, eine Art exklusiven Binnenmarkt nur für einige Teile der Wirtschaft zu schaffen", machte der EU-Ratspräsident deutlich.

Das in den Leitlinien beschriebene Angebot der EU an London geht jedoch durchaus über die Ausgangspositionen bei normalen Verhandlungen zu Freihandelsabkommen hinaus. So soll es im Warenhandel mit Grossbritannien "null Zölle und keine zahlenmässigen Beschränkungen" in allen Bereichen geben.

Tusk betonte, man wolle nach dem Brexit eine so enge Partnerschaft, wie sie eben möglich sei. "Der Vorschlag zeigt, dass wir keine Mauer zwischen der EU und Grossbritannien bauen wollen." Sein Entwurf lässt auch ein Hintertürchen offen: Sollte London seine Vorgaben überdenken, sei auch die EU dazu bereit.

Das EU-Parlament stellte sich hinter die Position von EU-Ratspräsident Donald Tusk. Die von der britischen Regierung gewünschten Einzelregelungen für bestimmte Wirtschaftszweige im Binnenmarkt seien nicht möglich, heisst es im Entwurf einer Parlamentsresolution.

Als nächstes sollen die Leitlinien Mitte März von den EU-Staats- und Regierungschefs definitiv verabschiedet werden. Die Handelsgespräche könnten dann im April beginnen. Offizielle Vereinbarungen sollen aber erst getroffen werden, wenn Grossbritannien nach dem Austritt ein "Drittstaat" ist.

Hammond widerspricht

Der britische Schatzkanzler Philip Hammond warnte seinerseits vor einem Scheitern der Brexit-Gespräche, sollten die für Grossbritannien wichtigen Dienstleistungen nicht Teil eines Abkommens werden. "Ein Handelsabkommen wird nur zustande kommen, wenn es fair ist und die Interessen beider Seiten ausgleicht", sagte er in einer Rede.

"Angesichts der Gestalt der britischen Wirtschaft und unserer Handelsbilanz mit den 27 EU-Ländern ist es schwer zu sehen, wie irgendein Abkommen, das Dienstleistungen nicht mit einbezieht, wie eine faire und ausgeglichene Vereinbarung aussehen könnte."

Grossbritannien wird die EU im März 2019 verlassen. Nach einer etwa zweijährigen Übergangsphase müssen Banken und Finanzdienstleister mit Sitz in Grossbritannien befürchten, ihre Dienste nicht mehr ohne weiteres in der EU anbieten zu können. (sda/afp/dpa/reu)

 
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