Bundesrat geht Trinkwasserinitiative zu weit
Die Volksinitiative "Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung - Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz" wurde im Januar mit 114'420 Unterschriften in Bern eingereicht. Sie fordert, dass nur noch Landwirtschaftsbetriebe Subventionen erhalten, die auf den Einsatz von Pestiziden und vorbeugend verabreichte Antibiotika verzichten.
Gemäss dem Initiativtext soll das bäuerliche Einkommen nur unter der Voraussetzung eines ökologischen Leistungsnachweises durch Direktzahlungen ergänzt werden. Dieser umfasst die Erhaltung der Biodiversität, eine pestizidfreie Produktion und einen Tierbestand, der mit dem auf dem Betrieb produzierten Futter ernährt werden kann.
Direktzahlungssystem gefährdet
Das geht dem Bundesrat zu weit. Einerseits würde die Produktion durch den kompletten Verzicht auf Pestizide und zugekauftes Futter auf vielen direktzahlungsberechtigten Betrieben stark abnehmen, schreibt er in einer Mitteilung vom Freitag. Anderseits bestehe das Risiko, dass Betriebe vermehrt aus dem Direktzahlungssystem ausstiegen und ihre Produktion im Rahmen des gesetzlichen Spielraums intensivierten.
Ganz tatenlos zusehen will die Regierung bei diesem Thema aber nicht Das Volksbegehren nehme berechtigte Anliegen auf, heisst es weiter. Diese sollen aber mit einer "Massnahmenstrategie im Rahmen der Agrarpolitik ab 2022" umgesetzt werden und nicht mittels Verfassungsänderung.
Agrarpolitik 2022 soll helfen
Zu diesen Massnahmen zählt der Bundesrat etwa den Aktionsplan Pflanzenschutzmittel. "Aufgrund der inhaltlichen und terminlichen Überschneidung soll diese Massnahmenstrategie als Alternative zur Volksinitiative im Rahmen des laufenden Prozesses der Agrarpolitik ab 2022 verstärkt und ergänzt werden."
So solle insbesondere vorgeschlagen werden, den maximalen Tierbesatz pro Fläche gemäss Gewässerschutzgesetz zu reduzieren, im ökologischen Leistungsnachweis nur noch Pflanzenschutzmittel mit geringem Umweltrisiko zuzulassen und den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel verstärkt mit Direktzahlungen zu fördern. Wenn trotzdem regional zu hohe Stoffeinträge in Gewässern festgestellt werden, sollen Bund und Kantone gezielt die Anforderungen regional verschärfen können.
Milliarden für nichts
Das wiederum dürfte den Initianten nicht genügen. Das Volksbegehren ist nach ihrer Einschätzung dringlich. Denn der intensive Einsatz von Pestiziden, Antibiotika und riesigen Mengen an importierten Futtermitteln in der Landwirtschaft verschmutze die Gewässer und das Trinkwasser, zerstöre die Biodiversität, belaste die Böden und fördere die Entstehung der antibiotikaresistenten Bakterien.
Seit 1996 investiere die Schweizer Bevölkerung jährlich Milliarden dafür, dass die Schweizer Landwirtschaft nachhaltiger werde. Die Bevölkerung vertraue dabei den Behörden, dass ihr Steuergeld auch in diesem Sinn investiert werde.
Doch die Realität sehe anders aus, schreiben die Initianten: Fast drei von vier Grundwassermessstellen im landwirtschaftlich intensiv genutzten Mittelland wiesen Pestizidrückstände in Konzentrationen über dem gesetzlichen Anforderungswert auf.
Ähnliche Initiative hängig
Zu den Unterstützern der Initiative zählen der Verein "Sauberes Trinkwasser für alle", Einzelpersonen und auch mehrere Umwelt-, Naturschutz- und Tierschutzorganisationen. Unter diesen sind Greenpeace Schweiz, BirdLife Schweiz, der Fischerei-Verband, die Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner, Tier im Fokus und Swissveg. Die Unterschriftensammlung unterstützt hat auch Pro Natura.
Es ist nicht die einzige Initiative, die Pestizid-Verbote verlangt. Parlament und Stimmvolk werden sich in absehbarer Zeit auch mit der Initiative "für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide" befassen. (sda)
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