Flankierende Massnahmen bleiben rote Linien
"Wir müssen, sowohl die EU wie die Schweiz, hier bereit sein, über den eigenen Schatten zu springen und kreative Wege zu finden", sagte Aussenminister Ignazio Cassis am Mittwoch in der Sendung "Rendez-vous" von Radio SRF. "Ich glaube, wenn beide Seiten sich diese Mühe geben, ist die Möglichkeit, dass man sich trifft", sagte er weiter.
Das eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) dementierte, dass Cassis mit diesen Aussagen explizit die flankierenden Massnahmen gemeint habe. Es handle sich um ganz allgemeine Aussagen zu Verhandlungen, heisst es in einer Stellungnahme.
Die vom Bundesrat festgelegten roten Linien würden auch weiterhin gelten. Cassis hatte im März an einer Medienkonferenz zu den flankierenden Massnahmen gesagt: "Der Bundesrat hat diese roten Linien bestätigt."
Schutz der Arbeiter
Weiter schreibt das EDA, der Aussenminister teile die Position des Bundesrates, der den Schutz von Arbeitnehmenden, allen voran der Entsandten, für notwendig erachte - speziell in Anbetracht der Besonderheit des Schweizer Arbeitsmarktes. Es gelte die Bestimmungen in der Substanz zu verteidigen.
"Bei den aktuellen institutionellen Verhandlungen sind sich die EU und die Schweiz einig über die Notwendigkeit, potentiellen Missbrauch in adäquater Weise zu bekämpfen", heisst es weiter.
Cassis, der selbst aus einem Grenzgebiet stamme und damit besonders sensibilisiert sei für das Thema Arbeitnehmerschutz, "ist gleichzeitig überzeugt, das innovative Lösungen vorstellbar sind". Das EDA verweist auf die Nutzung moderner Technik, die bereits in anderen Ländern angewendet wird. Was das konkret sein könnte, wird aber nicht genannt.
Kritik der EU
Es ist bekannt, dass Brüssel schon lange die flankierenden Massnahmen kritisiert, die Arbeitnehmende vor Dumpinglöhnen und missbräuchlichen Arbeitsbedingungen schützen.
Nicht den Grundsatz stellt die EU in Frage, doch einzelne Regeln gehen ihr viel zu weit - vor allem die Acht-Tage-Regel, die von EU-Dienstleistungserbringern verlangt, sich acht Tage im Voraus bei den Schweizer Behörden anzumelden.
Die EU-Kommission hatte bereits durchblicken lassen, sie könne sich als eine von mehreren Möglichkeiten vorstellen, dass die Schweiz die EU-Durchsetzungsrichtlinie übernehmen könnte.
In der EU regelt die Entsenderichtlinie, unter welchen Bedingungen Arbeitende aus einem EU-Land in einem anderen arbeiten können. Die dazu gehörende Durchsetzungsrichtlinie hat diese Bedingungen noch verdeutlicht.
EU verlangt Bewegung von Schweiz
In diesem Bereich fordert die EU von der Schweiz nun Entgegenkommen. "Jetzt ist es an der Schweiz, auf die EU zuzugehen", sagte ein ranghoher EU-Diplomat im Gespräch mit Schweizer Medienvertreter Ende Mai. Dabei verwies er auf den Schweiz-Besuch von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Ende November letzten Jahres.
Um die festgefahrenen Verhandlungen über das Rahmenabkommen zu deblockieren, hatte Juncker damals vorgeschlagen, bei der Streitschlichtung ein Schiedsgericht einzusetzen.
Zuvor war vor allem die Rede vom EU-Gerichtshof (EuGH) als Streitschlichter gewesen, was die Schweiz jedoch nicht akzeptieren kann. (sda)
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