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Schutztruppe für Palästinenser gefordert

Nach der Gewalt israelischer Soldaten gegen palästinensische Demonstranten will der Uno-Menschenrechtsrat eine unabhängige Untersuchungskommission in den Gazastreifen schicken. Ein Gipfel islamischer Staaten forderte eine internationale Schutztruppe für Palästinenser.
Warf Israel "Nazi-Methoden" vor: der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Gipfel der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in Istanbul.
Warf Israel "Nazi-Methoden" vor: der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Gipfel der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in Istanbul. (Bild: KEYSTONE/EPA/ERDEM SAHIN)

Die Mitglieder der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) verurteilten in der Abschlusserklärung am Freitagabend in Istanbul auf das Schärfste die "kriminellen Handlungen" Israels im Gazastreifen, nachdem Gastgeber Recep Tayyip Erdogan einen Vergleich zur Judenverfolgung unter den Nazis gezogen hatte.

In der Abschlusserklärung forderten die 57 OIC-Mitgliedstaaten den "Schutz der palästinensischen Bevölkerung unter anderem durch die Entsendung einer internationalen Schutztruppe". Den USA warfen sie vor, durch die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels und die Verlegung ihrer Botschaft dorthin die israelische Regierung "ermutigt" zu haben und Mitschuld an ihren "Verbrechen" zu tragen.

Erdogan wirft Israel Nazi-Methoden vor

Zuvor hatte der türkische Präsident Erdogan Israel Nazi-Methoden im Umgang mit den Palästinensern im Gazastreifen vorgeworfen. "Es gibt keinen Unterschied zwischen dem Grauen, das die Juden in Europa vor 75 Jahren erlebt haben, und der Brutalität, der unsere Brüder in Gaza ausgesetzt sind", sagte Erdogan, der als OIC-Vorsitzender den Sondergipfel angesetzt hatte, zur Eröffnung.

Ein Volk, "das im Zweiten Weltkrieg in den Konzentrationslagern allen Arten von Folter ausgesetzt war, greift nun die Palästinenser mit Methoden an, die denen der Nazis ähneln", sagte Erdogan. Zuvor hatte der türkische Regierungschef Binali Yildirim auf einer Solidaritätskundgebung für die Palästinenser in Istanbul Israel bereits vorgeworfen, "Hitler und Mussolini" nachzuahmen.

An der Grenze des Gazastreifens waren am Montag bei Protesten anlässlich des 70. Jahrestags der Staatsgründung Israels, der von den Palästinensern als Nakba (Katastrophe) gedacht wird, 60 Palästinenser von israelischen Scharfschützen erschossen und mehr als 2400 weitere teils schwer verletzt worden. International stiess das Vorgehen Israels auf scharfe Kritik.

Der Uno-Menschenrechtsrat in Genf entschied am Freitag mit den Stimmen von 29 der 47 Mitgliedstaaten, die tödlichen Schüsse von einer unabhängigen internationalen Kommission untersuchen zu lassen. Nur zwei Staaten - die USA und Australien - stimmten gegen den Beschluss. 14 enthielten sich der Stimme, darunter Deutschland, Grossbritannien und die Schweiz.

EDA: Resolution nicht ausgewogen

Die Resolution vom Freitag sei nicht genug ausgewogen gewesen, begründete ein Sprecher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) auf Anfrage die Stimmenthaltung der Schweiz. Diese hatte vor kurzem noch einer von Uno-Generalsekretär Antonio Guterres vorgeschlagenen unabhängigen Untersuchung ihre Unterstützung signalisiert.

Israel wies die Resolution als einseitig zurück. Beim Menschenrechtsrat handle es sich um "eine Organisation mit einer automatischen anti-israelischen Mehrheit, hiess es in einer Mitteilung des Aussenministeriums in Jerusalem.

Die Kommission soll dem Verdacht auf Kriegsverbrechen und andere Menschenrechtsverletzungen nachgehen. Das israelische Aussenministerium warf dem Menschenrechtsrat daraufhin vor, ein "Organ mit einer automatischen antiisraelischen Mehrheit, beherrscht von Heuchelei und Absurdität" zu sein. Israel lehne den Beschluss des Gremiums vollständig ab.

"Gezielte Tötungen"

Der Uno-Menschenrechtskommissar Zeid Ra'ad al-Hussein hatte Stunden zuvor in einer Sondersitzung des Uno-Menschenrechtsrats erklärt, die zahlreichen Todesfälle im Gazastreifen seien "durch illegale Gewaltanwendung" erfolgt. Der "starke Gegensatz" zwischen den Opferzahlen auf beiden Seiten deute darauf hin, dass Israels "Antwort völlig unverhältnismässig" gewesen sei.

Er warnte, dass "Tötungen durch die unrechtmässige Anwendung von Gewalt durch eine Besatzungsmacht" als "gezielte Tötungen" gewertet werden könnten. Zeid forderte zudem ein Ende der israelischen Besatzung und die "Befreiung" der im Gazastreifen eingeschlossenen Palästinenser. Diese seien "von der Geburt bis zum Tod in einem Elendsquartier gefangen".

Israels Uno-Botschafterin in Genf, Aviva Ras Schechter, sagte dagegen, für die Toten am Montag sei allein die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas-Bewegung verantwortlich. Auch der US-Vertreter Theodore Allegra sagte, der Menschenrechtsrat schlage sich auf eine Seite und "ignoriere den wirklich Schuldigen" für die Gewalt, die Hamas.

Der palästinensische Regierungschef Rami Hamdallah warf den USA bei der Grosskundgebung in Istanbul seinerseits vor, mit der Verlegung ihrer Botschaft nach Jerusalem "einen Religionskonflikt in der Region auslösen" zu wollen. Erdogan kritisierte, die Muslime würden zu oft "scheu und feige" auftreten. Um der "Tyrannei" Israels entgegenzutreten, bedürfe es mehr Geschlossenheit, forderte er. (sda/dpa/afp)

 
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