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Polens Regierungschefin Szydlo tritt zurück

In der polnischen Politik entscheidet ein Mann: Der Parteichef der regierenden Nationalkonservativen, Jaroslaw Kaczynski. Zwei Jahre hat Ministerpräsidentin Beata Szydlo ihm treu gedient - nun muss sie ins zweite Glied zurücktreten. Aber ganz weg ist sie nicht.
Beata Szydlo und Mateusz Morawiecki am Donnerstag in Warschau vor der Kabinettssitzung.
Beata Szydlo und Mateusz Morawiecki am Donnerstag in Warschau vor der Kabinettssitzung. (Bild: Keystone/EPA PAP/RADEK PIETRUSZKA)

Die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo ist am Donnerstag zurückgetreten und hat damit den Weg für den Finanzexperten Mateusz Morawiecki an die Spitze der Regierung frei gemacht. Erst wenige Stunden zuvor hatte die populäre Politikerin noch einen Misstrauensantrag der Opposition im Parlament problemlos überstanden.

Szydlo habe vor der Führung der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) ihren Rücktritt erklärt, teilte die PiS-Sprecherin Beata Mazurek am Donnerstagabend in Warschau mit. Ihr Nachfolger werde der bisherige Finanz- und Wirtschaftsminister Morawiecki.

Morawiecki leitete früher die Bank BZWBK, die zum spanischen Finanzkonzern Santander gehört. Er steht für eine stärkere Einmischung des Staates in die Wirtschaft und setzt auf die Förderung der Investitionen.

Der 49-Jährige gilt als Vertrauter des 68-jährigen PiS-Parteivorsitzenden Jaroslaw Kaczynski, des eigentlichen "starken Mannes" in der polnischen Führung.

Szydlo soll wichtige Rolle spielen

Die PiS wolle, dass Szydlo in der Regierung Morawiecki eine wichtige Rolle spiele, sagte Sprecherin Mazurek. "Die Personen ändern sich, aber unser Programm nicht." Inoffiziell verlautete, Szydlo solle Stellvertreterin ihres bisherigen Superministers für Wirtschaft und Finanzen werden und ein Fachressort übernehmen. Das könne im Zuge einer Kabinettsumbildung im Januar geschehen.

Nach Angaben der polnischen Nachrichtenagentur PAP soll das Parlament voraussichtlich schon am Dienstag Mateusz Morawiecki sein Vertrauen aussprechen. Vorerst solle das Kabinett sonst unverändert bleiben.

Mögliche Verfassungsreform

Die Regierungsumbildung 2018 könnte möglicherweise umfassendere Reformen des politischen Systems Polens vorbereiten. Erst am Dienstag hatte Präsident Andrzej Duda vor dem Parlament die Forderung Kakczynski nach einer Verfassungsreform wieder aufgegriffen.

Das Volk solle über eine Verfassung entscheiden, die "zu den Herausforderungen der heutigen Zeit" passe. PiS-Chef Kaczynski hatte an der geltenden Verfassung kritisiert, sie sei "postkommunistisch" und enthalte eine "Menge Blockaden". Die Opposition warnte deshalb vor einem Gang in ein autoritäres System.

Alle Entscheidungen durch Kaczynski

Katarzyna Lubnauer, die Vorsitzende der liberalen Oppositionspartei Nowoczesna, sagte am Abend, es sei egal, ob Morawiecki oder Szydlo regiere. Alle Entscheidungen würde sowieso weiterhin der PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski treffen.

PiS-Sprecherin Mazurek begründete den Wechsel damit, dass das Land "vor neuen Aufgaben" stehe. Kommentatoren erwarten nun eine stärkere Akzentuierung der Wirtschaftspolitik.

Szydlo führte die Regierung seit dem Regierungsantritt der PiS 2015. Die populäre 54-Jährige ist Kaczynski politisch treu ergeben, doch hatten sich in letzter Zeit die Anzeichen vermehrt, dass sie nicht mehr sein volles Vertrauen geniesst. Ihr Verhältnis zur deutschen Regierung war frostig. In Brüssel stand Szydlo allein, als sie die Wiederwahl ihres liberalen Vorgängers Donald Tusk zum EU-Ratspräsidenten nicht verhindern konnte.

In Umfragen stehen die polnischen Nationalkonservativen mit Werten bis 47 Prozent derzeit klar als stärkste Kraft da. Die Opposition ist weiterhin zersplittert.

Beata Szydlo verabschiedete sich auf Twitter mit den Worten: "Diese zwei Jahre waren für mich eine besondere Zeit, und der Dienst für die Polen und Polen eine Ehre". (sda/dpa)

 
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