Umstrittene Ausnahme für Pädosexuelle
Volk und Stände hatten die Initiative 2014 angenommen. Der neue Verfassungsartikel bestimmt, dass einschlägig vorbestrafte Sexualstraftäter nie mehr mit Minderjährigen oder Abhängigen arbeiten dürfen. Dieser Automatismus hatte Fragen zur Verhältnismässigkeit aufgeworfen. Bei einer wortgetreuen Umsetzung dürfte ein Richter die Umstände des Einzelfalls nicht mehr berücksichtigen.
Der Bundesrat schlug vor, das Problem mit einer Härtefallklausel zu lösen: In besonders leichten Fällen soll das Gericht darauf verzichten können, ein Tätigkeitsverbot zu verhängen. Der Ständerat hat dem zugestimmt. Auch die Nationalratskommission ist einverstanden.
Widerstand gegen Härtefallklausel
Eine von SVP-Nationalrätin Natalie Rickli (ZH) angeführte Minderheit will die Härtefallklausel jedoch zu Fall bringen. Rickli hatte sich schon im Abstimmungskampf an vorderster Front für die Initiative und deren wortgetreue Anwendung engagiert. Sie argumentierte, dass ein Tätigkeitsverbot angesichts der Schwere der Straftat auf jeden Fall verhältnismässig sei.
Widerstand gibt es auch gegen andere Lockerungen. Der Ständerat hat beschlossen, dass verhältnismässig leichte Delikte wie Exhibitionismus und sexuelle Belästigung nicht automatisch zu einem lebenslangen Tätigkeitsverbot führen sollen. Auch den Konsum harter Pornografie hat die kleine Kammer aus dem Deliktkatalog gestrichen, sofern es nicht um Kinderpornografie geht.
Keine nachträgliche Überprüfung
Die Rechtskommission des Nationalrats ist damit mehrheitlich einverstanden. Das gleiche gilt für die meisten anderen Beschlüsse des Ständerats. Insbesondere sollen einmal verhängte Tätigkeitsverbote nicht mehr aufgehoben werden können. Das entspricht dem Wortlaut der Initiative.
Der Bundesrat möchte davon abweichen. Er hatte vorgeschlagen, dass nur gegen klinisch pädophile Täter endgültige Tätigkeitsverbote verhängt werden dürfen. Die Urteile gegen andere Täter sollten nach zehn Jahren überprüft werden können. Im Nationalrat setzt sich jedoch nur eine vorwiegend linke Kommissionsminderheit für die nachträgliche Überprüfung ein.
Zankapfel Jugendliebe
Eine grössere Differenz zwischen den Räten zeichnet sich bei der Definition der Jugendliebe ab. Nicht einmal die Initianten möchten die Berufswahl eines Jugendlichen einschränken, weil er mit seiner minderjährigen Freundin intim war. Für den Bundesrat ist das ein typisches Beispiel eines "besonders leichten Falls", der ohne Konsequenzen bleiben soll.
Der Ständerat will die Jugendliebe jedoch genau definieren. Eine Ausnahme soll nur dann möglich sein, wenn der Täter nicht älter als 21 und das Opfer mindestens 14 Jahre alt ist und zwischen den beiden eine Liebesbeziehung bestand. Die Nationalratskommission lehnt diese Umschreibung ab. (sda)
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