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Dschihadreisende befürwortete Anschläge

Eine mutmassliche Schweizer Dschihadreisende muss sich in zwei Wochen vor dem Bundesstrafgericht verantworten. Aus der Anklageschrift der Bundesanwaltschaft geht hervor, wie sehr sich die Frau mit dem IS identifizierte und wie sehr sie das Schweizer System ablehnte.
Mitte 2014 war Rakka noch die Hochburg der Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Dorthin wollte die mutmassliche Schweizer Dschihadreisende Ende 2015 ziehen, um ihren damals 4-jährigen Sohn da aufwachsen zu lassen. (Archivbild)
Mitte 2014 war Rakka noch die Hochburg der Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Dorthin wollte die mutmassliche Schweizer Dschihadreisende Ende 2015 ziehen, um ihren damals 4-jährigen Sohn da aufwachsen zu lassen. (Archivbild) (Bild: Keystone/AP Raqqa Media Center/UNCREDITED)

Die Vorwürfe gegen die 31-Jährige aus Winterthur wiegen schwer: So soll die Frau Ende 2015 in Ägypten, wo sie mit ihrem damals vierjährigen Sohn lebte, ihr ganzes Hab und Gut verkauft haben, um mit dem Erlös ihre Reise nach Rakka in Syrien zu finanzieren.

Allein für eine Schlepperfahrt von Marsa Matrouh in Ägypten nach Kreta habe sie 12'000 Franken hingeblättert. Von dort sei sie weiter nach Athen geflogen, um dann über die Türkei nach Syrien zu gelangen und sich in Rakka der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) anzuschliessen.

Vorbild für Nachahmer

Am 2. Januar 2016 wurde die Frau dann aber an der Grenze zur Türkei festgenommen. Trotzdem habe sie zwei weitere Male versucht, nach Syrien zu gelangen, schreibt die Bundesanwaltschaft (BA) in der am Freitag veröffentlichten Anklageschrift. Sie sei aber jedes Mal wieder zurückgeschickt worden.

Mit dieser Aktion habe sie in Kauf genommen, dass ihre Reise in der ganzen Schweiz medial für grosse Aufmerksamkeit sorgen und sie "damit eine Vorbildfunktion für potenzielle Nachahmer einnehmen " würde. Mit ihrem gesamten Verhalten habe sie die "verbrecherische Tätigkeit und Existenz des IS gefördert".

Von Pierre Vogel radikalisiert

Aus der Anklageschrift geht auch hervor, wie die Frau der Ideologie des IS verfiel und wie stark sie sich mit der Terrororganisation identifizierte. Demnach war die Frau Ende 2009 zum Islam konvertiert und hatte sich in der Folge über das Internet, insbesondere über Filme des deutschen Islampredigers Pierre Vogel, stark radikalisiert.

Sie sei seither davon überzeugt, dass jeder Muslim die Pflicht habe, zum IS zu gehen und diesen zu unterstützen. Sie liebe den IS und glaube, dass es am besten sei, nach den islamischen Gesetzen zu leben. Von den westlichen Werten habe sie sich losgesagt und sehe für sich kein Leben in der Schweiz. Denn das Land, sein Rechtssystem und seine Regierung lehne sie ab.

Anschlag auf Schweiz befürwortet

Weil sie von der Schweiz abgehalten worden sei, mit dem IS zu leben, sei sie ausserdem davon überzeugt, dass sich die Schweiz mit dem IS im Krieg befinde. Aus diesem Grund und weil die Schweiz Frankreich im Kampf gegen den IS unterstütze, befürworte sie auch einen Anschlag in der Schweiz.

Generell sei sie der Meinung, dass es richtig sei, wenn sich "Märtyrer" in einer westlichen Stadt in die Luft sprengten. Denn damit würden sie mit der höchsten Stufe im Paradies belohnt.

Deshalb sah die Frau für sich und ihren Sohn auch keine andere Option, als nach Syrien zu ziehen, den Islam zu studieren und ihren damals rund vierjährigen Sohn unter der Regierung des IS aufwachsen zu lassen. Sie selber wollte in Syrien für die Kinder zuständig sein und diese "auf den rechten Weg bringen".

Nach ihrer missglückten Ausreise wurde die Frau bei ihrer Einreise in die Schweiz am 11. Januar 2016 am Flughafen Zürich verhaftet. Bereits eine Tag später kam sie wieder auf freien Fuss, doch ihr Pass, ihre Identitätskarte und ihr Führerausweise wurden eingezogen. Seither muss sie sich einmal pro Woche bei der Kantonspolizei Zürich melden.

Offiziell muss sie sich am 15. Dezember wegen Verstössen gegen das Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen "Al Kaida" und Islamischer Staat vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona verantworten. Die Strafanträge werden an der Hauptverhandlung gestellt. (sda)

 
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