Türkische "Friedensakademiker" vor Gericht
Sie hatten in der Petition von Januar 2016 das Vorgehen der türkischen Sicherheitskräfte gegen kurdische Aufständische im Südosten kritisiert und eine friedliche Lösung des Konflikts gefordert.
Der Prozess im Istanbuler Justizpalast Caglayan ist der erste einer Reihe von Prozessen gegen insgesamt 146 Akademiker, die in den kommenden Monaten beginnen sollen. Den Angeklagten drohen bis zu siebeneinhalb Jahre Haft.
"In der Türkei gibt es einen Preis zu zahlen, wenn man Gebrauch von seiner Meinungsfreiheit gemacht hat", sagte der Angeklagte Ahmet Bek am Dienstag vor Prozessbeginn. "Welchen Preis, werden wir sehen."
Zorn von Erdogan provoziert
Mehr als 1100 Intellektuelle hatte im Januar 2016 die Petition "Wir werden nicht Teil dieses Verbrechens sein" unterzeichnet, die "kriegsartige Zustände" im Südosten anprangerte und der Regierung eine "Vernichtungs- und Vertreibungspolitik" vorwarf. Die Petition provozierte den Zorn von Präsident Recep Tayyip Erdogan, der den Unterzeichnern "Verrat" vorwarf. Hunderte weitere Akademiker schlossen sich daraufhin den Unterzeichnern an.
In der Petition forderten die "Akademiker für den Frieden" eine friedliche Lösung des Konflikts mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), der im Sommer 2015 mit dem Zusammenbruch einer mehrjährigen Waffenruhe im Südosten wieder voll entflammt war. Nachdem die PKK-Guerilla den Konflikt in die Städte getragen hatte, gab es dort heftige Gefechte, bei denen die türkischen Sicherheitskräfte ganze Stadtteile zerstörten.
Nach der Veröffentlichung der Friedenspetition verloren hunderte Unterzeichner ihre Posten an der Universität. Kollegen und Studenten, die gegen die Entlassungen protestierten, wurden sanktioniert. International stiess dieses Vorgehen auf scharfe Kritik, weltweit solidarisierten sich hunderte Intellektuelle mit den "Akademikern für den Frieden". Auch am Dienstag gab es zahlreiche Solidaritätsbekundungen.
"Nichts in dieser Petition rechtfertigt eine solch absurde Anklage", kritisierte Hugh Williamson von Human Rights Watch. "Die Freiheit der Wissenschaft hängt nur noch an einem Faden in der Türkei." Mehrere europäische Diplomaten, darunter der Botschafter Frankreichs, nahmen an dem Prozess teil. "Die Universität wird sich niemals beugen", hiess es auf Schildern, die Demonstranten vor dem Gericht hochhielten. (sda/afp)
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben
Kleines Vademecum für Kommentarschreiber
Wie ein Kommentar veröffentlicht wird – und warum nicht.
Wir halten dafür: Wer sich an den gedeckten Tisch setzt, hat sich zu benehmen. Selbstverständlich darf an der gebotenen Kost gemäkelt und rumgestochert werden. Aber keinesfalls gerülpst oder gefurzt.
Der Gastgeber bestimmt, was für ihn die Anstandsregeln sind, und ab wo sie überschritten werden. Das hat überhaupt nichts mit Zensur zu tun; jedem Kommentarschreiber ist es freigestellt, seine Meinung auf seinem eigenen Blog zu veröffentlichen.
Jeder Artikel, der auf vaterland.li erscheint, ist namentlich gezeichnet. Deshalb werden wir zukünftig die Verwendung von Pseudonymen – ausser, es liegen triftige Gründe vor – nicht mehr dulden.
Kommentare, die sich nicht an diese Regeln halten, werden gelöscht. Darüber wird keine Korrespondenz geführt. Wiederholungstäter werden auf die Blacklist gesetzt; weitere Kommentare von ihnen wandern direkt in den Papierkorb.
Es ist vor allem im Internet so, dass zu grosse Freiheit und der Schutz durch Anonymität leider nicht allen guttut. Deshalb müssen Massnahmen ergriffen werden, um diejenigen zu schützen, die an einem Austausch von Argumenten oder Meinungen ernsthaft interessiert sind.
Bei der Veröffentlichung hilft ungemein, wenn sich der Kommentar auf den Inhalt des Artikels bezieht, im besten Fall sogar Argumente anführt. Unqualifizierte und allgemeine Pöbeleien werden nicht geduldet. Infights zwischen Kommentarschreibern nur sehr begrenzt.
Damit verhindern wir, dass sich seriöse Kommentatoren abwenden, weil sie nicht im Umfeld einer lautstarken Stammtischrauferei auftauchen möchten.
Wir teilen manchmal hart aus, wir stecken auch problemlos ein. Aber unser Austeilen ist immer argumentativ abgestützt. Das ist auch bei Repliken zu beachten.
Wenn Sie dieses Vademecum nicht beachten, ist das die letzte Warnung. Sollte auch Ihr nächster Kommentar nicht diesen Regeln entsprechen, kommen Sie auf die Blacklist.
Redaktion Vaterland.li
Diese Regeln haben wir mit freundlicher Genehmigung von www.zackbum.ch übernommen.