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Dämpfer für Merkel bei Wiederwahl

Fast sechs Monate nach der deutschen Bundestagswahl ist Angela Merkel zum vierten Mal zur Kanzlerin gewählt und im Parlament vereidigt worden. Die CDU-Chefin erhielt am Mittwoch im Bundestag nur neun Stimmen mehr, als für die Kanzlerwahl notwendig waren.
Mindestens jeder elfte Parlamentarier aus den Reihen von CDU, CSU und SPD verweigerte ihr im Bundestag seine Stimme: Angela Merkel. Die CDU-Chefin wurde dennoch im ersten Durchgang der Kanzlerwahl für eine vierte Amtszeit als Kanzlerin gewählt.
Mindestens jeder elfte Parlamentarier aus den Reihen von CDU, CSU und SPD verweigerte ihr im Bundestag seine Stimme: Angela Merkel. Die CDU-Chefin wurde dennoch im ersten Durchgang der Kanzlerwahl für eine vierte Amtszeit als Kanzlerin gewählt. (Bild: Keystone/EPA/OMER MESSINGER)

Viele Abgeordnete der Koalitionsfraktionen wählten sie in der geheimen Abstimmung offensichtlich nicht. Nach der Wahl ernannte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Merkel im Schloss Bellevue zur Kanzlerin. Anschliessend legte Merkel im Bundestag ihren Amtseid ab.

Auf das relativ knappe Wahlergebnis reagierte die SPD mit Erstaunen, die Opposition mit Kritik an der Neuauflage der grossen Koalition. Grüne und FDP erklärten, sie hätten die CDU-Chefin nicht unterstützt.

Von 688 gültigen Stimmen entfielen 364 auf Merkel, 355 brauchte sie mindestens. CDU, CSU und SPD verfügen zusammen über 399 Sitze, nur ein CDU/CSU-Abgeordneter fehlte. Damit gab es mindestens 34 Abweichler in den Reihen der grossen Koalition. Da die Abstimmung geheim ist, bleibt letztlich offen, wer Merkel gewählt hat und wer nicht.

Auch 2005, 2009 und 2013 hatten nicht alle Parlamentarier der Koalitionsfraktionen für Merkel gestimmt. Diesmal war der Widerstand in der SPD gegen eine erneute grosse Koalition nach der historischen Wahlniederlage der Sozialdemokraten aber besonders gross. Die SPD-Fraktion erhob sich nach der Wahl am Mittwoch nicht und applaudierte nicht geschlossen.

Minister vereidigt

Nach der Wahl Merkels wurde im Bundestag auch das neue Kabinett vereidigt. Das Finanz- und das Aussenministerium werden von den SPD-Politikern Olaf Scholz und Heiko Maas übernommen. Das Innenministerium geht an Horst Seehofer (CSU), der dafür das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten an Markus Söder abgibt. Das Wirtschaftsministerium leitet der CDU-Politiker Peter Altmaier.

Als eines der neuen Gesichter besetzt der 37-jährige Jens Spahn für die CDU das Gesundheitsministerium. Die SPD schickt die bisherige Bürgermeisterin des Berliner Problembezirks Neukölln, Franziska Giffey, an die Spitze des Familienministeriums.

Bundespräsident Steinmeier schwor die neue Bundesregierung auf schwere Zeiten ein und forderte sie auf, verlorenes Vertrauen in der Bevölkerung zurückzugewinnen. Dafür werde ein "schlichter Neuaufguss des Alten nicht genügen", sagte Steinmeier im Schloss Bellevue bei der Ernennung der Regierungsmitglieder.

Die neue Regierung wollte noch am Mittwochnachmittag zu ihrer ersten Kabinettssitzung zusammenkommen, der neue Aussenminister Maas wurde am Abend zu seinem Antrittsbesuch in Paris erwartet. Merkel kündigte an, am Freitag zum Antrittsbesuch zum französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu reisen.

Harzige Regierungsbildung

Mit der Vereidigung endet die längste Phase der Regierungsbildung in der Geschichte der Bundesrepublik. Nach der Wahl am 24. September hatten zunächst CDU, CSU, FDP und Grüne Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition geführt. Nachdem die FDP die Gespräche platzen liess, nahmen Union und SPD Beratungen über eine Neuauflage der grossen Koalition auf.

Die SPD hatte nach der Bundestagswahl mit dem historisch schlechtesten Ergebnis von 20,5 Prozent zunächst beschlossen, nicht wieder eine Partnerschaft mit Merkel einzugehen. Da sie aber die Tolerierung einer Minderheitsregierung ebenso wie eine Neuwahl vermeiden wollte, rangen sich die Sozialdemokraten nach einem Parteitag und einer Mitgliederbefragung dann doch zur Fortsetzung der grossen Koalition durch. (sda/reu/afp/dpa)

 
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