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Konsumentenschützer im VW-Skandal uneins

Deutsch- und Westschweizer Konsumentenschützer gehen getrennte Wege im VW-Skandal. Während die Fédération romande des consommateurs (FRC) sich an einer Sammelklage in Deutschland beteiligt, setzt die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) auf eine Schweizer Lösung.
Westschweizer Konsumentenschutzorganisation FRC: "Eine Sammelklage am Sitz des Autokonzerns VW zusammen mit vielen anderen geschädigten europäischen Kunden hat grössere Erfolgschancen."
Westschweizer Konsumentenschutzorganisation FRC: "Eine Sammelklage am Sitz des Autokonzerns VW zusammen mit vielen anderen geschädigten europäischen Kunden hat grössere Erfolgschancen." (Bild: Keystone/EPA/RAINER JENSEN)

Die FRC wähle mit der Sammelklage den von der europäischen Konsumentenschutzorganisation BEUC vorgeschlagenen Weg, teilte die FRC am Montag mit. Diese habe die verschiedenen Optionen studiert und sei zum Schluss gekommen, dass eine Sammelklage die am vielversprechendste sei. Die Kunden werden dabei von der Anwaltskanzlei US-amerikanischen Hausfeld vertreten.

Bereits am vergangenen Dienstag hatte die SKS eine Verbandsklage gegen den Autoimporteur Amag und VW ein gereicht. Sie will einen Schweizer Richter prüfen lassen, ob VW mit den Abgas-Manipulationen Schweizerisches Recht verletzt hat. In einem zweiten Schritt will die SKS noch dieses Jahr auf Schadenersatz klagen. Sie schätzt den Schaden auf 3000 bis 7000 Franken pro Fahrzeughalter.

Kein Röschtigraben

Bei der SKS glaubt man nicht, dass den geschädigten Autobesitzern besser gedient sei, wenn die Konsumentenschützer ihr gemeinsames Gewicht in eine Waagschale werfen würden. Es sei gut, wenn man an mehreren Fronten gleichzeitig kämpfe, sagte Cécile Thomi, Leiterin Recht beim SKS der Nachrichtenagentur sda auf Anfrage.

Die beiden Vorgehensweisen ergänzten sich, sagte FRC-Generalsekretärin Sophie Michaud Gigon. Sie berücksichtigten alle Interessen, sowohl auf lokaler als auch auf internationaler Ebene. Eine Sammelklage am Sitz des Autokonzerns zusammen mit vielen anderen geschädigten europäischen Kunden habe jedoch grössere Erfolgschancen, ist sie überzeugt.

Dieser Auffassung widersprach SKS-Rechtsexpertin Thomi. Die SKS sei der Ansicht, dass ein Schweizer Gericht eher im Sinne der geschädigten Kunden entscheide als ein Gericht in Deutschland. Auf Grund der Bedeutung der Autoindustrie dürfe die richterliche Unabhängigkeit dort durchaus in Frage gestellt werden.

Gegen eine Sammelklage nach amerikanischem Vorbild spreche zudem, dass dabei viel Geld für Anwaltskosten ausgegeben werden müsse. Dies sei nicht im Interesse der Betroffenen.

Ein weiterer Grund für das unterschiedliche Vorgehen sei, dass die FRC, nicht aber die SKS Mitglied der europäischen Konsumentenschutzorganisation BEUC sei. Möglicherweise spielten auch kulturelle Unterschiede eine Rolle. In den meisten Fällen arbeite man aber zusammen, der Abgas-Skandal sei eine Ausnahme. "Hoffentlich führen beide Wege zum selben Ziel", sagte Thomi.

Kein Risiko für Kunden

Die FRC peilt ihr Ziel mit einer Sammelklage an, der sich zahlreiche Geschädigte aus vielen europäischen Ländern angeschlossen haben. Seit Montag können sich betroffene VW-Kunden über das Onlineportal frc.ch auf der Plattform myRight registrieren, um an dieser Aktion teilzunehmen.

In Deutschland haben sich bereits mehr als 40'000 Menschen auf dieser Plattform eingetragen. Die Aktion sei kostenlos und ohne Risiko, hält die FRC fest. Im Falle eines Scheiterns trage myRight alle Risiken.

Bei der Verbandsklage des SKS ist dies ebenfalls so: Die Risiken trägt die Konsumentenschutzorganisation. Der Kunde muss lediglich einen Online-Fragebogen ausfüllen und eine Abtretungsvereinbarung unterzeichnen. An beiden Programmen gelichzeitig können Kunden nicht teilnehmen.

Ungleiche Behandlung

Der Abgas-Skandal flog Ende 2015 auf. VW hatte weltweit etwa 11 Millionen seiner Autos mit einer Schummel-Software ausgestattet, welche die Abgaswerte manipulierte.

In den USA musste der deutsche Autokonzern Bussen von etwa 22 Milliarden Dollar (20,6 Milliarden Franken) zahlen. Die Fahrer der betroffenen Fahrzeuge erhalten eine Entschädigung von 5000 bis 10'000 Dollar. In Europa verweigerte das Unternehmen jedoch eine solche Lösung. Etwa 180'000 Fahrzeuge sind in der Schweiz betroffen. (sda)

 
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